Wandern zwischen den Welten....

02.12.05

Skurrile Begegnungen

... die Tage werden wärmer, die Limeños zieht es mehr und mehr nach draußen, die Parks und Strände bevölkern sich, wir ziehen die Sandalen aus der hintersten Ecke im Schrank und freuen uns an dem Duft von Sonnencreme, der so viele gute Gefühle in uns weckt. Endlich Sommer! Ich angle meine Sonnenbrille aus dem Rucksack, schwinge mich auf’s Fahrrad und mache mich auf, Richtung Malecón, um einfach nur das Blau des Himmels, der sich so viele Monate in seinem stets eintönigem Grau gezeigt hatte. Doch auf dem Weg zur Strandpromenade haut’s mich fast aus dem Sattel, als ich in der Mitte des Kreisverkehrs des Ovalo Miraflores einen riesigen, mit Kunstschnee bedeckten Weihnachtsbaum entdecken muss. Welch ein Anblick! Das dunkelgrüne Monstrum mit seinen roten Schleifen und den im Sonnenschein blinkenden Lichtern wirkt auf mich wie ein Objekt aus einer anderen Zeit, ja wie aus einem anderen Leben. „Was tut dieses Ding hier?“ - frage ich mich irritiert und radle schnell weiter. An der nächsten Ecke habe ich den seltsamen Baum schon fast wieder vergessen, als ich an der Fassade eines Kaufhauses einen weißbärtigen, pausbackigen Weihnachtsmann mit Zipfelmütze und warmem roten Mantel rumkraxeln sehe. "Na prima" - denke ich mir "diese Typen fand ich in Deutschland schon den Gipfel der weihnachtlichen Scheußlichkeiten, aber hier in diesem Ambiente wirken sie noch eine ganze Ecke skurriler". Der Kollege hier ist nicht der einzige seiner Art – offenbar haben die amerikanischen Handelsketten ihre Weihnachtsdeko ungeachtet des Standorts ihrer Kaufhäuser pünktlich ausgeliefert und die peruanischen Angestellten befolgen brav die Anweisung zur Anbringung des winterlichen Weihnachtsschmucks. Aus den Schaufenstern leuchten mir also neben putzig-kitschigen Engelchen und farbenfrohen Blinkesternen auch Rentiere mit ihren geschenkbehäuften Schlitten entgegen – und ich frage mich, was „Schlitten“ eigentlich auf Spanisch heißt. Und wie um dem Schauspiel die Krone aufzusetzen, steht da drüben ein großer Schneemann in Gestalt einer aufgeblasenen Gummipuppe und grinst mir mit seiner leuchtenden Mohrrübennase fröhlich entgegen, als wolle er sagen: „Hey - ist doch super, dass ich auch mal einen Platz an der Sonne ergattert habe.“


 
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