Wandern zwischen den Welten....

16.10.05

Für alles ein Trámite

„Trámite“ – das ist in Peru ein überaus wichtiges Wort. Ein jedes Ding hat sein „trámite“. Übersetzen läßt sich dieses Schlüsselwort am besten mit „bürokratisches Verfahren“. Und das gibt’s – wie gesagt – für alles und jedes und bei jeder Gelegenheit. Zum Beispiel neulich - beim Eiskaufen. Wer denkt, man könne so einfach an die Eisvitrine treten und ganz formlos sagen „ich hätte gerne eine Kugel Eis im Becher“ und diese dann entgegen nehmen, um sich sogleich dem Eisgenuss hinzugeben – der irrt. Und zwar gewaltig. Man geht hin. Und sagt dann auch tatsächlich „ich hätte gerne eine Kugel Eis im Becher“. Soweit so gut. Doch dann wird man mit einem bedauernden Kopfschütteln Richtung „Kasse“ geschickt – da sitzt eine Person am anderen Ende der Eisvitrine. Dort wiederholt man sein Anliegen. Woraufhin das Gegenüber den entsprechenden Betrag in die Kasse eintippt, das Geld in Empfang nimmt und einem den Kaufbeleg (im folgenden der Einfachheit halber „Zettel Nr. 1“ genannt) sowie einen (zunächst noch recht ominösen...) Zettel mit einer Nummer aushändigt (im folgenden der Einfachheit halber „Zettel Nr. 2“ genannt). Daraufhin begibt man sich wieder an die Eisvitrine, formuliert erneut seinen Wunsch „ich hätte gerne eine Kugel Eis im Becher“ und reicht brav die beiden Zettel Nr. 1 und Nr. 2 ein. Freundlich aber bestimmt wird man darauf hingewiesen, dass man erst warten müsse, bis die auf dem Zettel Nr. 2 angezeigte Nummer im Display über der Eisvitrine erscheint. Ich trete also betreten zurück und warte, bis ich an der Reihe bin. Wacker trete ich nach Aufblinken der auf meinem Zettel Nr. 2 aufgedruckten Nummer zum dritten Mal an die Truhe, die das kühle Süß enthält. Ich reiche erneut meine Zettel Nr. 1 und Nr. 2 ein und wiederhole mein Anliegen „ich hätte gerne eine Kugel Eis im Becher“. Eine Person nimmt mir Zettel Nr. 2 ab und überprüft, ob ich tatsächlich schon an der Reihe bin. Nach bestandener Prüfung nimmt eine weitere Person meinen Zettel Nr. 1 entgegen und fragt mich, was ich haben möchte. Ich wiederhole meinen Wunsch „ich hätte gerne eine Kugel Eis“. Die Person versichert sich zunächst, ob mein mündlich formuliertes Anliegen mit dem auf dem Zettel Nr.1 abgedruckten Preis übereinstimmt, setzt einen ordentlichen Haken hinter den Kaufpreis und spießt meinen Zettel Nr. 1 dann auf einem Spieß mit vielen ähnlich aussehenden Zetteln Nr. 1 auf. Sie greift zum Eislöffel, formt eine riesengroße Kugel, setzt sie in einen Becher und reicht mir das Eis. Und auch wenn das nicht zu meinem eigentlichen Wunsch passt, ein paar Kilo abzunehmen, nehme ich das Eis entgegen in dem Gefühl, mir das nun wirklich verdient zu haben. Ach ja – vielleicht noch eine letzte Anmerkung: ich bin die einzige Kundin in der Eisdiele!

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