Es ist mal wieder so weit! Alle Jahre wieder, mitten im Winter... nein!!! Nicht Weihnachten!!!! Fiestas Patrias!!! Die Feierlichkeiten zur Unabhängigkeit Perus von der spanischen Krone. Fiestas Patrias – das ist der wichtigste staatliche Feiertag in Peru, zahlreiche Paraden und Veranstaltungen sind für diese Tage angesagt, alle haben Ferien, fahren zu ihren Verwandten, essen zu viel, gehen sich nach drei Tagen auf die Nerven und sind dann auch froh, wenn der Spuk wieder vorbei ist. Fast wie an Weihnachten eben, nur dass das in dem Fall „Fiestas Patrias“ heißt und man statt eines Weihnachtsbaums eine rot-weiße Flagge hisst... Diese ist das sichtbarste Zeichen von Fiestas Patrias und schmückt schon seit Tagen und Wochen die Häuser und öffentlichen Gebäude.
Das Flaggenhissen ist – wie ich inzwischen weiß – nicht etwa Jedermanns ganz persönlicher patriotischer Gesinnung überlassen, sondern eine Bürgerpflicht, für deren Nichtbeachtung man sogar zur Strafe gezogen werden kann. So haben auch meine deutschen Freunde Sabine und Alex, die ein paar Blocks von meiner Wohnung entfernt ein Haus bewohnen, von ihrer Vermieterin den Hinweis erhalten, dass sie dieser Pflicht nachzukommen haben. Deutsche hin oder her, das Haus braucht eine Flagge und da gibt es keine Diskussion. Als interkulturell aufgeschlossene Menschen sind die beiden dann also losgezogen, um besagtes Utensil zu kaufen – was nicht wirklich viel Mühe macht, weil die Flaggen derzeit in allen Größen und in verschiedenen Qualitäten an jeder Straßenkreuzung zum Kauf angeboten werden.
Alex entschiede sich für eine hübsche, große Flagge mit dem Regierungswappen drauf – man will ja schließlich nicht geizig wirken! Zu Hause knüpfte er sie auf einen alten Besenstil, den er wiederum mit Schnur und ein bißchen kreativem Geknote am Balkongeländer befestigte und fertig war die Bürgerpflicht: Flagge gehisst! Sabine gab nach einem kritischen Blick die Straße rauf und runter zu bedenken, dass eigentlich alle anderen Häuser der Straße nur die schlichten rot-weiß-gestreiften Flaggen gehisst hätten und sie mit der Wappen-Flagge doch etwas aus dem Rahmen fielen. Aber Flagge ist Flagge und Alex fand, dass der peruanischen Bürgerpflicht damit dann doch wirklich Genüge getan sei.
Andere waren da anderer Meinung... kaum wehte die Fahne im limeñischen Wintergrau, klingelte es kurz darauf an der Tür. Die Nachbarin kam, um ein ausgiebiges Schwätzchen über ihre in Holland lebende Tochter, die Müllabfuhr und den grauen Wintertag zu halten, welches dann nach einer halben Stunde endlich seinem eigentlichen Inhalt entgegensteuerte, nämlich der eben frisch und frei gehissten Fahne! Die gute Nachbarin wies sichtlich indigniert darauf hin, dass die Fahnen mit dem Regierungswappen doch den öffentlichen Gebäuden vorbehalten seien und dass dieses Exemplar also auf jeden Fall wieder einzuziehen wäre. Dezent merkte sie außerdem noch an, dass der krumme Besenstil dem Status der Nationalflagge doch entgegenstehe und schließlich seien Sabine und Alex doch wirklich sehr nette Menschen und man käme ja auch bestens miteinander aus, so in der Nachbarschaft, und also sie hätte da zum Glück ganz zufällig noch eine nagelneue Fahne und eine Fahnenstange übrig und wenn sie die doch bitte gerne annehmen wollten.. woraufhin sie die fein säuberlich gebügelte und gefaltete Fahne aus ihrer Tasche zog, Sabine und Alex ihr peinliches Objekt also wieder entfernten, um dann die richtige Fahne mit der richtigen Fahnenstange unter fachlicher Aufsicht richtig und sachgemäß am Balkon zu installieren. Felices Fiestas Patrias! Da soll noch einer sagen, die Deutschen seien Quadratschädel...
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