Wandern zwischen den Welten....

01.05.07

Plaza Vea – Donde todo cuesta menos

Einkaufen ist in Peru immer ein Erlebnis, egal, ob man nun Gemüse auf den farbenfrohen Märkten kauft, die Raubkopie des neuesten Kinofilms in der Ampelrotphase auf der Straßenkreuzung , Ziegenkäse auf der Bioferia in Miraflores, oder ob man den Großeinkauf im Supermarkt erledigt...

Ich bin ja nun nicht unbedingt ein Fan von Supermärkten und wo es irgend geht, vermeide ich sie und verproviantiere mich lieber im kleinen Tante-Emma-Laden an der Ecke. Aber alles kriegt man da eben doch nicht... und so muss ich also doch ab und an mal zu „Plaza Vea“ – „meinem“ Supermarkt in der Avenida Arequipa, der seine Kunden mit dem Slogan „Donde todo cuesta menos“ lockt – zu deutsch: wo alles weniger kostet. WONG dagegen, eine weitere große Supermarktkette in Peru, wirbt mit dem Slogan „Donde comprar es un placer“, sprich: „Wo Einkaufen ein Vergnügen ist“. Tja – Nomen est Omen...

Bei Plaza Vea jedenfalls ist Einkaufen KEIN Vergnügen, das wurde mir heute mal wieder richtig bewußt. Schon die schiere Größe des Supermarkts mit seinen unzähligen, haushochen Regalen überfordert mich. Dazu die sterile, viel zu grelle Neonbeleuchtung... Und dann auch noch die gesamte Reklame im schrillsten gelb, so dass sie dem Käufer förmlich ins Gesicht springt.

Zur Begrüßung, gleich im Eingangsbereich, befindet sich die HiFi-Abteilung, von wo aus jedem einzelnen Fernseher und jeder Stereoanlage ein höllisches Gedröhne und Getöse in den Raum schallt. Ich sehe zu, dass ich so schnell wie möglich weiterkomme und stehe dann quasi übergangslos in der Abteilung mit dem Autozubehör, wo schwarze Reifen ihren Gummigeruch verströhmen. Zum Glück schließt sich direkt dahinter die Bäckerei an, wo man verlockend mit Gebäck beduftet wird, und es bleibt nicht allein beim Duft: Heute im Angebot: italienischer Panettone. Eigentlich ist das eine ausgemachte Weihnachtsspezialität, aber Bitte, der Begriff ist ja dehnbar...

Eine in gelb gekleidete Dame bietet auf einem Tablett Panettone- Kostproben feil und findet interessierte Abnehmer. Das Anbieten von kleinen Kostproben ist hierzulande in Supermärkten absoluter Standard, und so kommt es, dass viele Peruaner den Supermarkt als eine Mischung aus Freizeitpark und Essensparcour nutzen. Eine der beliebtesten Sonntagsbeschäftigungen für Familien ist es, mit dem in Form eines Kinder-Autos gestalteten Einkaufswagen stundenlang durch Plaza-Vea-Land zu schieben, zu shoppen, zu kosten, zu plaudern, sehen und gesehen zu werden...

Ich schiebe meinen monströsen Einkaufswagen mit den eigenwilligen Rädern weiter Richtung Käse- und Joghurtabteilung, wo mir ein junger Mann einen kleinen Becher mit Trinkjoghurt entgegenstreckt. Heute im Angebot: Gloria Trinkjoghurt, Null Prozent Fett, Null Prozent Zucker, Null Prozent Geschmack. Schnell weg hier...

Die Obstabteilung bietet supersüße, goldgelbe (S)Ananasstücke an – DA kann ich natürlich nicht Nein sagen :-)

An der Oliventheke unterhalten sich die Verkäuferinnen angeregt miteinander und haben ihren eigenen Selbstzweck gefunden - der Kunde ist hier somit überflüssig...

Ich schiebe weiter Richtung Drogerieabteilung, wo mir Deoroller, Shampoos und Sonnencremes zum Kauf entgegengestreckt werden, immer von netten jungen Damen in gelb, die mir freundlich den Preis nennen.

Und dann habe ich es fast geschafft: ich stelle mich an einer der fünfunddreißig Kassen an.... und stehe......und stehe..... und stehe. ...

Wie IMMER in diesem Supermarkt hat der Kunde vor mir erst mal all seine Produkte an der Kasse eingeben lassen, um dann festzustellen, dass er eigentlich gar nicht so viel Geld dabei hat, und dann läßt er sie also Stück für Stück wieder ausbuchen, bis er möglichst exakt bei dem Betrag angekommen ist, den er im Geldbeutel hat. Das Einpacken der Artikel in unzählige gelbe Plaza-Vea-Tüten übernimmt natürlich die Verkäuferin – wir befinden uns schließlich in einer Dienstleistungsgesellschaft! Und noch dazu in einem Supermarkt, wo alles weniger kostet, auch Zeit, offenbar, denn wer der Meinung ist, Zeit sei Geld, der möge besser draußen bleiben..

Gerade als ich denke "jetzt sind wir gleich durch" kommt ein Typ, drängelt sich mit einem unverständlichen Satz vor und brummelt was von "nur schnell eine Handykarte kaufen“. Ha!!! Schnell!!! Handykarten kaufen ist quais der Plaza-Vea-Kassen-Supergau!!! Die Verkäuferin drückt auch promt auf die Klingel, die mir auf's tiefste verhasste Leuchte über unseren Köpfen fängt an zu blinken, und jetzt heißt es warten, warten, warten... Ich werfe dem Drängler wütende Blicke zu, was er standhaft ignoriert. Hätte ich nicht schon meinen ganzen Krempel auf’s Band gepackt, könnte ich ja noch wechseln, aber so...? Außerdem weiß ich ja aus früheren Erfahrungen, dass es IMMER so ist, ganz egal, an welcher Kasse man steht. Nach endloser Zeit kommt Hilfe (eine nette junge Dame in gelb), und macht sich alsbald auf den Weg, die gewünschte Handy-Guthabenkarte zu besorgen. Nach einer weiteren endlosen Zeit kommt sie wohlgemut mit der Karte in der Hand zurück, der Herr vor mir zückt seine Kreditkarte... Und ich stehe da und stehe und stehe und frage mich, ob ich nicht vielleicht doch lieber in Zukunft bei WONG einkaufen sollte. Dort ist Einkaufen ja – angeblich (!?!) – ein Vergnügen...

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