Wandern zwischen den Welten....

11.04.07

Valentina Kerzenverkäuferin

Valentina ist klein, hat ein freundliches Lächeln und traurige Augen. Sie steht hinter ihrem improvisierten Verkaufsstand vor der Kirche in Carhuaz. Es ist Karfreitag und Valentina verkauft Kerzen für die Prozession am Abend. Den größten Stapel bilden die in blaues Löschpapier eingewickelten, schlichten weißen Kerzen der Marke „Misionera“ zu 60 Centimos. Daneben ein etwas kleinerer Stapel mit ebenfalls 4 weißen Kerzen pro Packung, Marke „Luz errante“, außerdem mit dem Zusatz „Qualitätskerzen“ versehen – die sind allerdings etwas teurer – 1 Sol – und verkaufen sich nicht so gut. Als Blickfang hat sie 3 schön geschmückte, bunt gedrehte Kerzen an ihrem Stand hängen – die kosten 6,50 Soles und werden auch drei Tage später, am Ostersonntag, noch ihren Stand zieren.

Valentina fällt vor allem auf wegen ihres wachen Blicks, den neugierigen Augen, mit denen sie Kontakt aufnimmt zu uns „Gringas“, die wir ihr gegenüber auf der Kirchenmauer sitzen. Nach einem schüchternen Lächeln, das wir fröhlich erwidern, fragt sie zaghaft, woher wir kommen? Aus Deutschland. Und ob es uns gefällt in Carhuaz? Sehr gut, ja! Valentina freut sich über das Gespräch, gleichzeitig schaut sie immer wieder schüchtern zur Seite, weiß nicht so recht, wie sie mit uns umgehen soll. Wir erfahren, dass Valentina und ihr Mann José, der sich nach einer Weile zu uns gesellt, Avocados züchten, Teppiche knüpfen, ein bißchen Landwirtschaft betreiben und Kerzen verkaufen, am Sonntag vor der Messe, oder eben heute, an Karfreitag, wie auch den folgenden Ostertagen. Ein buntes Sammelsurium an Tätigkeiten, um sich selbst, ihre 4 Kinder und die pflegebedürftigen Großeltern über Wasser zu halten. Viel gibt die Region nicht her an Möglichkeiten zum Geldverdienen. Doch die ergiebigere Großstadt Lima und die altersschwachen Großeltern lassen sich nicht unter einen Hut bringen, deshalb leben sie also seit ein paar Jahren wieder in Carhuaz, dem kleinen Dorf, das ganz schön eng sein kann, wenn man mal in der Großstadt gelebt hat, das aber - irgendwie - auch viele Schönheiten und Potenziale birgt. Potenziale, die allerdings häufig ungenutzt bleiben. José wirkt ein bißchen betrübt und frustriert, dass seine Landsleute so wenig geschäftstüchtig sind, weder die landwirtschaftlichen noch touristischen Schätze der Region wirklich zu schätzen und zu nutzen wissen. Man gibt sich schnell zufrieden mit dem, was man hat, auch wenn es nicht viel ist... Ob das in Deutschland auch so sei? fragt er mich. Nein, ich glaube, in Deutschland ist es manchmal genau umgekehrt, sage ich. Es gibt sehr geschäftstüchtige Leute dort. Manchmal sind es aber gerade die, die mir nie so richtig zufrieden zu sein scheinen, egal wie viel sie haben und wie gut es ihnen eigentlich geht...


 
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