Wandern zwischen den Welten....

10.11.06

Überrumpelt....


Am Donnerstag Abend, ich saß gerade am Computer und grübelte noch über einem Workshopkonzept, klopfte es an meine Wohnungstür. Draußen stand der Chico, der bei uns im Haus tagtäglich mit unermüdlichem Eifer die Treppen, den Hof und den Gehsteig fegt, ausgestattet mit Besen, Kehrschaufel und einer Atemmaske, als ob es sich um einen Arbeiter in einem Atomkraftwerk handle. Ich kenne ihn, seit ich hier wohne, habe aber bisher nie mehr als die Worte „hola, cómo estás?“ und „hasta luego“ mit ihm gewechselt. Dieser Chico, dessen Namen ich nicht kenne und den ich ohne seinen Mundschutz zunächst kaum erkannte, stand also vor mir, mit einem nervösen Lächeln und zwei Tüten bewaffnet, und fragte mich, ob ich nicht einen Weihnachtsschmuck kaufen wolle, den seine „Señora“ – wie er sich ausdrückte - zu Hause selber bastle. Sprach’s und hielt mir auch prompt zwei Objekte zur Auswahl vor die Nase: Das eine ein grinsender Weihnachtsmann mit Glöckchen und Zimbeln verziert, das andere ein Türschmuck mit Schneemännern und der für Lima ach so passenden Aufschrift SNOW. Die Schneemänner sollten 25 Soles kosten, der Weihnachtsmann – weil etwas aufwändiger in der Verarbeitung – 35 Soles, erklärte mir der Chico sofort. Ich – noch ganz vertieft in mein Workshopkonzept – war so verdutzt, dass ich mich erst mal sammeln musste und fragte also etwas dümmlich: „Ah...du willst das verkaufen....?...aha... ja... äh... also... und das bastelt deine Mutter also selbst zu Hause...???“ während ich im Innern fieberhaft zu überlegen begann, wie ich „nein“ sagen könnte ohne wirklich „nein“ zu sagen. Dass mir so auf die Schnelle nichts Passendes einfiel, versetzte mich in Stress und peinliches Unbehagen...

„Nein, nicht meine Mutter, meine Frau!“ erläuterte mir der Chico etwas indigniert.

Ich – noch verdutzter, dass dieser Jungspund schon verheiratet ist und noch dazu von seiner Ehefrau als „mi Señora“ spricht - war nun gänzlich peinlich berührt angesichts diesesFauxpas und sah mir also widerstrebend die angepriesene Ware näher an. Da mir beim besten Willen keine Ausrede einfiel, beschloss ich mich resignierend in mein Schicksal zu fügen und das billigere von beiden Objekten zu kaufen, um der Peinlichkeit ein Ende zu bereiten. Da ich das Geld nicht passend hatte, vereinbarten wir, dass ich am folgenden Tag bezahlen würde. Der Chico bedankte sich und zog von dannen.

Ich schloss die Wohnungstür – und da stand ich nun, mit einem superscheußlichen Türschmuck, den ich zu häßlich finde, um ihn zu verschenken.... Was mache ich nun mit dem im frühlingserwachten Lima so gänzlich unpassenden Ding? Ich hänge es mir an die Wohnungstür – als Mahnmal, selbige nie zu öffnen, bevor ich nicht durch den Spion gespäht habe um zu sehen wer oder was mich da erwartet und mich mental vor Überrumpelungsaktionen jedweder Art zu wappnen!!! :-)


 
Counter