Wandern zwischen den Welten....

06.02.07

Wo Gold und Kupfer ausgegraben werden, bleiben die Menschenrechte auf der Strecke...

Der Bergbau hat in Peru in den letzten 15 Jahren massiv zugenommen. Neue Abbautechniken ermöglichen es, auch feinste Metallvorkommen aus der Erde zu extrahieren. Der gestiegene Rohstoffbedarf auf dem Weltmarkt, vor allem ausgelöst durch den Wirtschaftsboom in China und Indien, sorgt dafür, dass der Bergbau inzwischen die devistenträchtigste wirtschaftliche Aktivität Perus ist (45% der peruanischen Deviseneinkommen stammen aus dem Bergbausektor). Der peruanische Staat schafft mit attraktiven Steuer- und Abgaberegelungen weiter Anreize für Investoren aus dem Bergbausektor. Jedes Jahr werden neue Minen erschlossen: 2004 waren bereits mehr als 8 Millionen Hektar Land für den Bergbau konzessioniert, Tendenz steigend. Dies verändert geographische und soziale Landschaften in einer bislang nicht gekannten Geschwindigkeit. Den steigenden Exporten und Deviseneinkommen stehen wachsende soziale Konflikte gegenüber, die sich zwischen der vom Bergbau betroffenen Bevölkerung, Umweltschützern und Menschenrechtlern auf der einen Seite und Staat, Bergbauunternehmen und Teilen der Presse auf der anderen Seite entfachen. Wo Kupfer und Gold ausgegraben werden, bleiben die Menschenrechte nur allzu oft auf der Strecke. Die im Zusammenhang mit dem Bergbau am häufigsten verletzten Menschenrechte sind das Recht auf Gesundheit, das Recht auf sauberes Wasser sowie das Recht der Bevölkerung, zu Bergbauvorhaben konsultiert zu werden.
NGOs beanstanden die Unfähigkeit oder Unwilligkeit des peruanischen Staates, die Rechte der Bevölkerung in Bergbauregionen zu schützen und die Gesetze zum Schutz der Umwelt umzusetzen. Mittels Dekreten und Sondergenehmigungen setzt der Staat immer wieder seine eigenen Gesetze außer Kraft. So zum Beispiel im Fall von Monterrico Metals, einem britischen Unternehmen, das nachweislich illegal, aber mit Zustimmung des Staates, im Grenzgebiet zu Ecuador eines der größten Kupfervorkommen der Welt exploriert. Große Teile der Bevölkerung in der Region wehren sich gegen das geplante Megaprojekt in einem ökologisch äußerst fragilen Gebiet, unweit eines der artenreichsten Naturschutzgebiete Perus. Der Staat reagiert auf den Protest und Widerstand der Bevölkerung mit Repression.

Das jüngst erlassene Gesetz zur stärkeren Kontrolle von NGOs zielt in erster Linie auf Organisationen ab, die dem Staat aufgrund ihrer kritischen Positionen, ihrer großen Basisnähe einerseits und ihrer starken internationalen Vernetzung andererseits ein Dorn im Auge sind. Das verfassungswidrige Gesetz gefährdet das Recht auf freie Meinungsäußerung und wurde trotz der heftigen Kritik ausländischer Regierungen und nationaler wie internationaler Menschenrechtsorganisationen von der Regierung verabschiedet.

Die von Staatspräsident Alan García im August 2006 eingebrachte Initiatvie zur Wiedereinführung der Todesstrafe für Kinderschänder und Terroristen ist glücklicherweise gescheitert, zeigt aber, wie gefährdet die Menschenrechte in Peru unter der Regierung García sind.

MitarbeiterInnen von Nichtregierungsorganisationen, die sich für die Einhaltung der Menschenrechte und für den Schutz der Umwelt einsetzen, sind auch persönlich vielfältigen Attacken und regelrechten Hetzkampagnen ausgesetzt. Sie werden als „Terroristen“ und „Staatsfeinde“ diffamiert, neuerdings versucht die mit Staat und Unternehmen kollaborierende Presse immer wieder, angebliche Verbindungen zwischen Umweltaktivisten und Drogenhändlern zu konstruieren, um den Ruf der Umweltorganisationen zu schädigen.

Der bekannteste Fall einer anhaltenden Schmutzkampagne gegen den Pater Marco Arana, der sich mit seiner NGO Grufides in Cajamarca für die Rechte der vom Bergbau betroffenen Bauerngemeinden einsetzt, ging inzwischen nicht nur in Peru durch die Presse: er und seine MitarbeiterInenn wurden über Monate von einem privaten Detektivunternehmen ausspioniert, gefilmt und bespitzelt. Todesdrohungen per Telefon und Post waren im vergangenen Jahr sein trauriger Alltag. Seine Anzeige bei der Peru schien im Sande zu verlaufen. Erst als der Fall schließlich von der peruanischen Tageszeitung „La República“ recherchiert wurde und die indirekten Verbindungen von dem Detektivunternehmen zum Bergbauunternehmen Yanacocha aufgezeigt wurden, konnte der Staat nicht umhin, die Anzeige zu bearbeiten. Vor ein paar Tagen hat der Staatsanwalt die Akten zu dem Fall nun geschlossen, weil niemandem die Urheberschaft für die Bespitzelungen nachgewiesen werden konnten. Die von der „República“ in diesem Kontext genannten Unternehmen und Personen wurden von der Polizei noch nicht einmal zum Verhör eingeladen.

Der Fall von Marco Arana ist nur ein trauriges Beispiel, wie der Staat sich seiner Pflicht entzieht, allen Bürgern des Landes Schutz zuzusichern. Es steht Geld auf dem Spiel, viel Geld, das durch ein paar lästige Umweltschützer und aufmüpfige Bauerngemeinden nicht gefährdet werden soll.

Im Februar wird der Dachverband der Menschenrechtsorganisationen in Peru (Coordinadora de Derechos Humanos) gemeinsam mit den in Bergbau und Umweltschutz aktiven NGOs eine Veranstaltung mit dem Titel „Menschenrechten und transnationalen Unternehmen“ durchführen. Dort werden neben dem Padre Arana auch weitere Umweltschützer und Menschenrechtler aus Peru ihre Fälle von Diffamierung, Bespitzelung und Bedrohung vortragen und alle Fälle werden eines gemeinsam haben: kein Staat, der diesen Fällen auf den Grund geht. Kein Staat, der die Zusammenhänge aufklärt. Kein Staat, der diese Menschen schützt. Anzeigen werden entgegengenommen. Zeit verstreicht. Akten werden geschlossen. Aus Mangel an Beweisen.

Fotos von Mirjam Leuze, Kigali Films

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