Man lernt hier ja laufend Neues dazu....

Also.... das neue Jahr hat auch bei mir mal wieder mit guten Vorsätzen begonnen, die ich seit meiner Rückkehr aus Deutschland bisher auch recht konsequent umsetze, wobei mir der anfängliche Jetleg dabei zu Hilfe kam, meine morgendliche Routine zu ändern und so stehe ich nun also immer brav schon um sechs Uhr auf und trabe spätestens ab fünf vor halb sieben Richtung Olivenpark, der von meiner Wohnung aus nächstgelegenen Grünanlage, die zwar nicht wirklich zu ausgedehnten Naturerlebnissen einlädt, aber für meine leider inzwischen doch recht kümmerliche Laufkondition doch zumindest momentan noch einen ganz akzeptablen Rahmen abgibt. Bisher halte ich meinen guten Vorsatz also ganz gut durch, und nach immerhin schon zehn durchjoggten Morgenstunden kann ich inzwischen auch ein erstes Résumée über diese neue Erfahrung ziehen. Denn – was mir gar nicht bewußt war: Joggen am Morgen ist in Peru weit mehr als nur Frühsport, es ist sozusagen ein soziales Ereignis!

Jeden morgen begegnen mir auf meinem Weg zum Park die immer gleichen Leute – so zum Beispiel gegen 6:35 Uhr in der Nähe der Avenida Santa Cruz, zwei Blocks vom eigentlichen Park entfernt, eine Gruppe von Walkern, deren Gang durch die Straßen immer von lautstarken politischen Diskussionen begleitet ist, weshalb ich schon ernsthaft überlege, mich dieser Gruppe anzuschließen, weil so ein bißchen tagesaktuelle politische Analyse mir ja auch ganz gut tun würde....

Beim Einbiegen in die Parkanlage gegen 6:38 sitzt auf einer der ersten Bänke der immer gleiche Wachmann mit rundem Gesicht, in seiner braunen Montur, mit seinem gelben Hemd und den schwarzen Stiefeln. Sobald er mich in den Park einlaufen sieht, steht er auf und nimmt ganz ehrfürchtig seine Mütze vom Kopf. Am ersten Tag war mir das ja total peinlich und unangenehm. Inzwischen lasse ich es einfach geschehen (was soll ich auch machen?) und fühle mich dabei ein bißchen wie die Queen beim Einzug in den Buckingham Palace :-)

Um 6:40 begegnet mir dann meist eine nette, kleine und sehr sportliche Läuferin, die immer ganz in schwarz mit weißer Schirmmütze ihre Runden um eine Grünfläche dreht, die auch ich für meine Runden auserkoren habe (ich laufe auf dem Trampelpfad auf der Wiese, während sie in entgegengesetzter Richtung auf der Straße um die Wiese herumflitzt). Sie läuft ungefähr doppelt so schnell wie ich (was keine große Kunst ist...) und immer wenn unsere Wege sich kreuzen, lächeln wir uns kurz zu.

Absolut nervtötend dagegen ist dieser Typ, der ab 6:45 mit wackelndem Hintern und akkurat im 90°-Winkel angelegten Ellbogen wie ein Profi-Geher bei den Leichtathletikmeisterschaften seine morgendliche Gehroutine absolviert und glaubt, er sei so unwiderstehlich, dass er sich jede Anzüglichkeit erlauben könne. Ich meide daher seine Nähe, so gut es der kleine Park eben zuläßt, außerdem bin ich ja auch schon zwanzig Minuten unterwegs und kann allmählich auch schon an’s Heimjoggen denken....

Ja .... und auf dem Rückweg wurde ich nun schon wiederholt mit dem Taxifahrer-Phänomen konfrontier (vgl. auch: "Taxi Talk" weiter unten), will heißen, dass anscheinend nicht nur die Taxifahrer in Lima diesen offenbar unwiderstehlichen Drang verspüren, Ausländerinnen nach ihrem Herkunftsland zu befragen, nein, auch die Jogger keuchen einem morgens um zehn vor sieben schon ein „von wo kommst du???“ entgegen. Beim ersten Mal war ich so verblüfft, dass ich noch brav zwischen zwei Atemzügen ein „.....de Alemania......“ rauspresste. Doch irgendwie kam mir das dann doch allzu ernsthaft vor, und nun mache ich mir also einen Spass daraus, auch mal ein „.....de Indonesia....“ auszuprobieren, oder ein „....de China..“ – woraufhin dann mein Gegenüber so verblüfft ist, dass ich mich schnell aus dem Staub machen kann, bevor die nächste Frage kommt.

Zurück in der Prolongación Arenales haben um sieben Uhr viele der Wächter vor den Häusern Schichtwechsel, so dass da immer recht viel Bewegung ist. Meine Jogging-Schicht ist damit auch beendet, und der Tag kann kommen :-)