Wandern zwischen den Welten....

30.01.07

Konfliktmanagement aus einem Guss

Unter Entwicklungsexperten wird viel geredet über die sogenannte „Entwicklungszusammenarbeit aus einem Guss“ – doch wenige machen sich auf den Weg, sie auch konkret anzupacken. Häufig scheitert der hehre Anspruch einer besser koordinierten Entwicklungszusammenarbeit (EZ) unter den deutschen Gebern schon an den bürokratischen Hürden der involvierten Institutionen, welche den Kooperationswilligen in der Tat eine gewisse Beharrlichkeit abverlangen. Viele Mitarbeiterinnen in deutschen oder internationalen Entwicklungshilfeinstitutionen scheuen schlicht den vermehrten Zeitaufwand, und so wird die gemeinsame Koordination von Entwicklungsvorhaben dann kurzer Hand der vermeintlichen "Effizienz" geopfert. Dass vermehrter Zeit- und Koordinationsaufwand sich jedoch durchaus lohnen kann, hat ein Projekt gezeigt, das von Oktober bis Dezember 2006 gemeinsam von DED, InWent und Misereor durchgeführt wurde.

Ziel und Inhalt des Projekts war es, verschiedene Akteure, die zu der in Peru häufig sehr konfliktiven Bergbauproblematik in verschiedenen Bergbauregionen arbeiten, in Grundsätzen und Methoden des Konfliktmanagements auszubilden, sie für die Thematik zu sensibilisieren und zur Anwendung der Instrumente zu befähigen.

InWent stellte mit seinem Fortbildungsmodul „Análisis y Manejo de Conflictos“ die Inhalte und 2 qualifizierte Trainer zur Verfügung, Das Standard-Kursmodul wurde auf die speziellen Bedürfnisse und Charakteristika dieses speziellen Teilnehmerkreises und ihrer Bergbauthematik angepaßt


Der DED lud 15 MitarbeiterInnen der Defensoría del Pueblo („Ombudsmann des Volkes“) ein. Aufgabe der Defensoría del Pueblo ist es, in eskalierenden Konflikten zwischen Staat, Bergbauunternehmen und Gesellschaft als Vermittler zu agieren und die Interessen des Volkes zu verteidigen.


Misereor lud 15 VertreterInnen von NGOs und kirchlichen Institutionen ein, die zum Thema Umwelt und Menschenrechte arbeiten und die Rechte der vom Bergbau betroffenen Bevölkerung verteidigen. Diese Organisationen leisten Aufklärungsarbeit, bieten juristische Beratung, stärken die Verhandlungskapazitäten der Bevölkerung und übersetzen schwierige technische Sachverhalte in einfache, verständliche Sprache. In den peruanischen Bergbaukonflikten werden sie von Staat und Unternehmen häufig als „Agitatoren“ oder „Umweltaktivisten“ bezeichnet.

Vor Beginn der Veranstaltung waren nur die einladenden Institutionen wirklich von dem Ansatz überzeugt, verschiedene Konfliktparteien in einem gemeinsamen Lernraum zu versammeln. Denn – so die Überzeugung - nur dieses Mischkonzept schaffte die Voraussetzung dafür, das Gelernte gleich gemeinsam auf seine Praxistauglichkeit hin zu überprüfen, es mit VertreterInnen einer anderen Sichtweise zu diskutieren und in einem geschützten Rahmen auszuprobieren.
Für einige TeilnehmerInnen des Kurses stellte dieser Ansatz zunächst eine kleine Herausforderung und zugleich die erste Lektion dar: es ist leicht, Konflikte zu managen, wenn man unter Seinesgleichen bleibt, unter Leuten, die die eigene Sichtweise teilen und bestenfalls sogar noch verstärken. Der Schritt, sich mit Vertretern einer anderen Sichtweise an den Tisch zu setzen, sich für deren Perspektive, Motive und somit für einen konstruktiven Dialog zu öffnen, kostete so manchen doch einen Moment der Überwindung.

Nach dem dreitägigen Auftaktworkshop im Oktober waren die Weichen jedoch voll auf „gemeinsames Lernen“ gestellt. Man hatte sich kennengelernt, die Hand gereicht und festgestellt, dass „die anderen“ ja eigentlich gar keine schlechten Menschen sind, dass sie eben eine andere Sicht der Dinge haben, und noch dazu eine, die immer plausibler wurde, je länger man sich austauschte... Nach dem Präsenzworkshop ging der Kurs dann in eine zweimonatige Online-Phase, in der Instrumente des Konfliktmanagements vermittelt wurden, in virtuellen Konferenzen über die Kursinhalte diskutiert wurde und die TeilnehmerInnen Gelegenheit hatten, Dokumente auszutauschen, aktuelle Fälle zu diskutieren oder einfach nur Rückfragen an den Tutor zu stellen.

Zum Abschluss der Veranstaltung fand schließlich im Dezember ein viertägiger Präsenzworkshop statt, bei dem sich die TeilnehmerInnen schon wie alte Freunde begegneten. Der Graben war überwunden, und während der 4 arbeitsintensiven Tage, in denen der Lernstoff vertieft und an 3 realen Fallbeispielen durchexerziert wurde, lösten sich die restlichen Vorurteile vollends auf.
Die offene, fröhliche und konstrutive Stimmung während dieses Seminars war sicher der beste Indikator für den Erfolg der Fortbildung. In der abschließenden Evaluierung vielen Sätze wie „Das war die beste Fortbildung seit Jahren!“, „Ich verstehe jetzt viel besser, wie der Konflikt funktioniert und wo ich ansetzen kann, um den Konflikt nicht weiter zu verschärfen“ und - last but not least - „Jetzt bin ich so weit, dass ich mich auch mit Vertretern von Bergbauunternehmen oder des Bergbauministeriums an einen Tisch setzen könnte, ohne in denen gleich den Feind zu sehen.“

Konfliktmanagement aus einem Guss – die aufwändige Koordination hat sich gelohnt – für Inwent, DED, Misereor und vor allem für die TeilnehmerInnen des Kurses!

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