Wandern zwischen den Welten....

30.07.07

Roberto

Er ist einer der vielen Menschen, die mir hier in Lima den Alltag auf nette Art verschönern. Roberto ist Türsteher bei einem Touristikinstitut, nicht weit von mir zu Hause. Ich komme fast täglich mal bei ihm vorbei – wenn ich zum Bäcker gehe, oder zur Chinita, dem kleinen Lebensmittelladen um die Ecke, oder wenn ich den Bus in der Avenida Arequipa nehme. Immer steht er da vor der Tür, in Hemd, Krawatte und Pullover, und sieht so gar nicht wie einer der vielen Wachdienste aus, sondern eher wie ein Concierge von der feinen Sorte.

Roberto freut sich immer, wenn er mich um die Ecke biegen sieht, setzt sein breitestes Lächeln auf und streckt mir die Wange zum Küsschen entgegen. Meist plaudern wir ein paar Sätze, dann ziehe ich weiter meines Weges, und er positioniert sich wieder vor dem Haus, bis sein Dienst abends um elf Uhr endet.

Als ich im Januar aus Deutschland zurückkam und am nächsten Morgen beim Bäcker meine Lebensmittelvorräte auffrischte, tippte mich jemand von hinten an die Schulter. Vor mir stand Roberto, freudestrahlend, und streckte mir ein Eis am Stil entgegen. „Wie schön, dass Du wieder da bist, ich dachte schon, Du kommt gar nicht mehr wieder!!!“, sagte er von ganzem Herzen, und in dem Moment fühlte ich mich wieder richtig angekommen in Peru und wurde auf charmante Art daran erinnert, was das Leben hier so schön macht.

Als ich letzte Woche wieder einmal von einer Deutschlandreise zurückkehrte, erwartete mich eine nicht so fröhliche Überraschung: Robertos strahlendes Lächeln ist einer halbseitigen Gesichtslähmung gewichen. Während meiner Abwesenheit hatte er einen Schlaganfall, der rechte Mundwinkel hängt nun traurig nach unten, und auch Roberto’s Augen sprechen von dem Schock und der Sorge um die verlorene Gesundheit. Unsere Begegnung ist denn auch sehr gedrückt, aber dennoch nicht weniger herzlich. „Mir geht’s bestimmt bald wieder gut, mach’ Dir keine Sorgen!“, sagt Roberto, als er mein bekümmertes Gesicht sieht. Als ich ihm ein paar Minuten später ein Eis am Stil entgegenstrecke, zieht sich zumindest einen Moment lang der linke Mundwinkel nach oben, dorthin, wo früher das Lachen war...

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