Wandern zwischen den Welten....

19.09.07

"Unsere Natur ist mehr wert als alles Geld der Welt"

Dorfgemeinschaften im Norden Perus lehnen Bergbau einhellig ab

Geduldig stehen die Campesinos des Distrikts Carmen de la Frontera am frühen Morgen des 16. September 2007 vor dem Stadium der Distrikthauptstadt Schlange und warten auf den Einlass.

Bereits am Vortag haben sich viele von ihnen in die Distrikthauptstadt aufgemacht um dort in einem Referendum ihre Stimme abzugeben. Manche haben einen Fußmarsch von 8 Stunden hinter sich, andere sind auf der Ladefläche eines LKWs oder auf dem Rücken eines Esels angereist.

Die Frage, die in der Volksabstimmung zur Debatte steht, lautet: sind sie damit einverstanden, dass in ihrem Distrikt Bergbau stattfindet? Die am Abend einhellig verkündete Antwort der bäuerlichen Dorfgemeinschaften lautet: Nein!

Drei Distrikten haben zur Beteiligung an der freiwilligen Abstimmung aufgerufen: Carmen de la Frontera, Ayabaca und Pacaipampa. Insgesamt gaben mehr als 18000 Bürgerinnen und Bürger ihre Stimme ab. Die freiwillige Abstimmung ergab ein eindeutiges Ergebnis: In den drei Distrikten stimmten jeweils mehr als 92% der Bevölkerung gegen den Bergbau, die Stimmen für den Bergbau erreichten in keinem der Distrikte mehr als 2% der Stimmen.

Konkret hatte sich die Debatte um den Bergbau im Norden Perus an dem Kupferbergbauprojekt Rio Blanco entsponnen, das von der britischen Firma Monterrico Metals durchgeführt werden soll. Monterrico Metals wurde Anfang diesen Jahres von dem chinesischen Zijin Konsortium übernommen wurde.

Die 6400 ha Land umfassende Konzession des Projekt Rio Blanco liegt in einem ökologisch sehr sensiblen Gebiet: hier befinden sich auch die letzten Nebelwälder Perus, die Quellgebiet für mehrere Flüsse und Heimat für eine Vielzahl seltener Pflanzen und Tiere sind. Neben dem Projekt RioBlanco gibt es noch eine Vielzahl weiterer Konzessionen, insgesamt beläuft sich die für den Bergbau konzessionierte Fläche auf mehr als 120.000 ha. Die Region unterhalb diesen Landes ist rein landwirtschaftlich ausgerichtet. Neben der Subsistenzlandwirtschaft produzieren hier mehrere Kooperativen ökologischen Fair-Handels-Kaffee, der unter anderem auch in Deutschland vermarktet wird, sowie Mangos, Orangen, Zitronen und andere Produkte für den Export. Die landwirtschaftliche Produktion würde durch die geplanten Bergbauvorhaben massiv gefährdet. Der World Wildlife Fund for Nature (WWF) hat sich ganz entgegen der Pläne der peruanischen Regierung für die Einrichtung eines großen Naturschutzparks in dieser Region ausgesprochen, internationale Umweltschützer sind über die Bergbaupläne sehr alarmiert.

Die Debatte um den Bergbau im Norden Perus wurde denn auch weit über die Region hinaus auf nationaler und internationaler Ebene geführt. Die Regierung unter Alan García setzte sich für die Durchführung des Bergbauprojekts ein und hatte mit allen Mitteln versucht, die Volksabstimmung vom 16.9.2007 zu vermeiden, wissend, dass die Mehrzahl der vor Ort lebenden Bürger sich gegen den Bergbau aussprechen würde. So durften die Schulen die Klassenräume nicht als Wahllokale zur Verfügung stellen, die nationalen Wahlbehörden verweigerten die Mitarbeit bei der Durchführung der Abstimmung und deklarierten den Prozess als illegal. Die Bürgermeister der drei Distrikte mussten sich als Kommunisten und Investitionsfeinde beschimpfen lassen. Die Regierung hat Anzeige gegen die drei Bürgermeister erstattet.

Rückenstärkung erhielten die Menschen in der Region von der Defensoría del Pueblo (Ombudsmann des Volkes), die mehrfach wiederholte, dass die Volksbefragung ein sowohl legales als auch legitimes Instrument zur Bürgerbeteilung sei. Selbst vom Justizminister musste sich Staatspräsident Alan García korrigieren lassen: der Prozess war im vollen Einklang mit der peruanischen Gesetzgebung und wurde ordnungsgemäß durchgeführt.

Auch das Unternehmen versuchte die Bauern der Region mit sehr hohem Einsatz von ihrem Nein abzubringen. So bot das Unternehmen den Dorfgemeinschaften Segunda y Cajas und Yanta wenige Tage vor der Abstimmung einen Entwicklungsfonds von 80 Millionen US Dollar an, wenn sie dem Bergbauprojekt zustimmen würden.

Die Bauern in den 3 Distrikten ließen sich von der hitzigen, zum Teil sehr polemisch geführten Debatte, nicht beeindrucken. In aller Ruhe waren sie am Wochenende in die Provinzhauptstädte marschiert, selbst der anhaltende Niesellregen konnte sie nicht davon abbringen, ihr Stimmrecht wahrzunehmen. Auf die Frage, warum sie solche Mühen auf sich nehmen, antworten sie: „Unser Herz hat uns hergeführt. Wir wollen uns gegen den Bergbau aussprechen. Die Natur ist unser einziger Reichtum, und den werden wir verteidigen. Auch wenn der Präsident uns als arme Teufel hinstellt und glaubt, nur weil wir Ponchos tragen, sind wir nicht in der Lage, die Konsequenzen dieser Projekte abzuschätzen: wir werden ihn eines besseren belehren.“

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