Wandern zwischen den Welten....

20.06.08

Reise in’s Perú Profundo

Meine Reise führt mich diesmal über Cusco und Abancay nach Antabamba, eine Provinz in den Hochanden Perus. Unsere Partnerorganisation IIDA lädt mich ein, ihr Programm mit dem Titel „Umwelt und Bergbau“ kennenzulernen, das von Misereor unterstützt wird.

Nach Cusco bringt mich das Flugzeug – und auch wenn ich diese Strecke schon X Mal geflogen bin, ist es immer wieder ein einzigartiges Erlebnis: obgleich wir eine Flughöhe von 10.000 m haben, liegen ganz nah unter uns die mächtigen, faltigen Anden, wie Runzeln eines alten Elefanten, trocken, spröde, unglaublich mächtig und stark.

Wir fliegen in einem engen Bogen in den Talkessel hinein, in dem die alte Inka-Hauptstadt Cusco mit ihren schönen roten Ziegeldächern und den vielen klobigen Kirchtürmen liegt. Über dem „Nabel der Welt“ scheint die Andensonne – der Himmel ist blau und das graue, niesliege Wetter Limas ist schon längst vergessen!

Sorroche – höhenkrank…

Im Hotel in Cusco lege ich mich erst mal auf’s Bett. “Langsam, gaaanz langsam angehen lassen“, das ist hier oben die Devise! Ich weiß aus schmerzhafter Erfahrung, wie tückisch die Höhenkrankheit ist. Mal geht’s besser, mal geht’s schlechter… diesmal trifft’s mich richtig hart. Die 3400 Höhenmeter kriechen mir langsam und unaufhaltsam in den Körper. Nach ein paar Stunden drückt der Kopf, als ob er in einen Schraubstock gespannt wäre. Mein Hirn fühlt sich an wie Watte, mir ist flau im Magen und schwindlig im Kopf, ich fühle mich total betrunken, ohne einen Tropfen Alkohol angerührt zu haben. Das Atmen macht schon auf der dritten Treppenstufe Probleme – und ich muss noch weit hinauf, bis in den dritten Stock. Ächz!!! Das Herz stolpert vor sich hin wie ein verirrter Wanderer. Ich kippe Literweise Coca-Tee in mich hinein, doch auch das hilft nicht wirklich… Mitten in der Nacht werfe ich die erste Kopfschmerztablette ein, nach einer weitgehend schlaflosen Nacht folgt am nächsten Morgen die zweite… es dauert wohl noch ein, zwei Tage, dann bin ich akklimatisiert. Endlich!

Auf in die Provinz!!

Wir fahren von Cusco auf einer wunderschönen Strecke durch die andine Bergwelt. Am Straßenrand wälzen sich schwarze Schweine im Dreck, laufen Frauen mit ihren Wollspindeln zu einem mir unbekannten Ziel, spielen Kinder mit einem alten Lederball Fußball, hacken Männer mit bunten Wollmützen das duftende Eukalyptusholz. Hinter jeder der zahlreichen Kurven lauert ein neuer, atemberaubender Blick auf schneebedeckte Gipfel oder rauschende Wildbäche.

Nach 4 Stunden kommen wir in der Hauptstadt der Region an: Abancay ist ein lebendiges Städtchen, umgeben von mächtigen Bergen, darüber ein strahlend blauer Himmel mit weißen Wattewölkchen… Von hier aus geht’s weiter, immer tiefer hinein in die peruanische Provinz. Nach zwei weiteren Stunden Fahrt im allradbetriebenen Pick-up-Truck verlassen wir die geteerte Straße und holpern auf einer staubigen Piste in ein tiefes Flusstal hinein.
Immer tiefer und tiefer arbeiten wir uns voran und am Ende des Tals, nach fast drei Stunden ruckliger Fahrt, steigen wir schließlich die Hänge der Anden hinauf, Kurve für Kurve, bis wir auf fast viertausend Meter Höhe angekommen sind.

Inzwischen geht die Sonne unter und taucht das ganze Flusstal in ein goldenes Licht. Die Besiedlung in dieser Gegend ist dünn – kleine Dörfer, umgeben von alten, noch aus der Zeit der Inkas stammenden Anbauterrassen. Ein malerisches Bild – doch die Menschen hier leben in Armut. Ihre Häuser sind einfach, die Einnahmen aus der Landwirtschaft reichen gerade für's Nötigste. Die Temperaturen fallen jetzt, im Winter, schon mal auf minus 5 bis minus 10 Grad. Wie die Kinder mit ihren bloßen Füßen diese Kälte überleben, ist mir immer noch ein Rätsel.

Antabamba – Provinzhauptstadt

Antabamba heißt die Hauptstadt der Provinz. Motorisierte Fahrzeuge sind hier noch eine Seltenheit. Dafür gibt es haufenweise Pferde und Esel. Mitten im Dorf, pardon: in der Stadt, die Plaza de Armas, der große Platz, auf dem sich das soziale Leben abspielt. Über ihm prangt stolz und mächtig eine alte, koloniale Kirche – sie bietet Platz für mindestens fünfmal so viele Einwohner wie Antabamba heute hat. Wir quartieren uns in einem „Hostal“ ein – groß ist die Auswahl an Unterkünften hier nicht. Die Kollegen von unserer Partnerorganisation – Julio, Carlos und Denver – überlassen mir großzügig das einzige Zimmer mit „baño privado“, mit meinem eigenen „Bad“. Dieses besteht aus einem schmuddeligen Waschbecken und einer nicht weniger schmuddeligen Toilette, alles diskret hinter einem alten, vergilbten Duschvorhang versteckt. Die Abflüsse dünsten einen modrigen Geruch aus. Aus dem Wasserhahn kommt eiskaltes Wasser. Das Duschen werde ich so weit wie möglich vermeiden, während dieses Aufenthalts! Die Matratze ist durchgelegen und ich bin froh, dass ich inzwischen schon über mehrjährige Provinzerfahrung verfüge: ohne meinen eigenen Schlafsack gehe ich nicht mehr auf Reisen, auch wenn der in Lima zwischenzeitlich Schimmel angesetzt hat. Immer noch besser, als die Last der schweren und staubigen Pferdedecken zu ertragen, die auf dem Bett aufgetürmt sind… auch meine Wärmflasche, mein Schal und meine kleine Taschenlampe leisten mir mal wieder wertvolle Dienste…

Perú Profundo

Das Schönste im „tiefsten Peru“ ist der blaue Himmel, dicht gefolgt von den majestätischen Bergen, die wie die Pranken eines Riesen in der Landschaft liegen, unbeweglich, faltig, runzlig, staubig, trocken und unendlich stark. Man kann sich gut vorstellen, welche Mächte gewirkt haben, als diese gewaltige Bergkette aufgetürmt wurde, wie sich langsam Falte um Falte nach oben geschoben hat. Kleine Menschlein mit abwegigen Ideen und einem unverrückbaren Starrsinn haben sich irgendwann auf diesen Pranken angesiedelt, haben Anbauterrassen in die Berge gescharrt und ringen dem kargen Boden auf Höhen von dreitausend bis viertausend Metern noch heute Mais, Kartoffeln, Quinoa und Kiwicha ab. Am Abend steigt der Mond am Horizont auf, und nach Sonnenuntergang sind die funkelnden und leuchtenden Sterne des „Kreuz des Südens“ zum Greifen nah.

Morgendliches Landleben

Um fünf Uhr morgens erwacht das Dorf mit Geschepper und Geklapper zu neuem Leben. Es herrscht ein eifriges Treiben im Hof. Aus dem Radio dröhnt laute Musik, volkstümlich, ein bißchen schrill, eine nicht wegzudenkende Konstante im andinen Dorfalltag. Der Hahn kräht sich die Seele aus dem Leib, Wasserhähne rauschen im Hof, das Feuer, auf dem die Señora die erste Mahlzeit des Tages kocht, riecht nach Eukalyptus und wärmendem Holz. Es ist knackig kalt im Zimmer, ich stehe auf, wasche mich mit eiskaltem Wasser, ziehe mir die altbewährte Andenzwiebel an – Unterhemd, T-Shirt kurzärmlig, T-Shirt langärmlig, Pullover, Fleecejacke, Anorak, Schal, Mütze. Mit jeder halben Stunde, in der die Sonne höher steigt, werde ich mich sukzessive wieder diverser Schichten entledigen.

Desayuno andino – das Andenfrühstück

Zum Frühstück gibt es Caldo de Gallina - eine deftige Hünhersuppe. Ein großer, dampfender Pott steht vor mir, reichlich Nudeln, Kartoffeln, ein Hühnerbein, ein Ei samt Schale… „Das reicht für eine ganze Familie“, denke ich, und tauche beherzt den Löffel in das köstliche Heiß. Während ich mich nach der Hälfte geschlagen gebe, bestellen meine Kollegen noch einen Nachschlag. Ich weiß nicht, ob Peruaner einen zweiten Magen haben? Einen doppelten Boden vielleicht? Oder wo essen die das alles hin????

Projektbesuche

Julio, Carlos und Denver haben ein Besuchsprogramm für mich vorbereitet. Heute besuchen wir zwei Dorfgemeinschaften, die ersten, Huaquirca, liegt auf einem der gegenüberliegenden Berghänge. Wir fahren also erst mal auf einer waghalsigen Piste die 1500 Meter hinab bis zu dem reißenden Fluss, der der Provinz ihren Namen gibt, und von dort aus dann wieder gut 1300 Höhenmeter hinauf, bis wir in Huaquirca angekommen sind. Auf dem Weg begegnen uns Kühe, Schafe, Pferde und Ziegen. Vereinzelt tragen Frauen ihr Bündel Brennholz auf dem Rücken und wandern in hurtigem Schritt in ihren Sandalen aus Autoreifen die steilen Berge hinauf. Wenn wir sie auf der Ladefläche unseres Pickups mitnehmen, schenken sie uns ein breites, oft zahnloses Lächeln.

Wir wollen mit dem Bürgermeister, dem Führer der bäuerlichen Dorfgemeinschaft und den anderen Dorfautoritäten sprechen. Unsere Partnerorganisation hat in den letzten drei Jahren Ausbildungskurse mit den lokalen Führungspersonen durchgeführt, zu Themen wie „Bergbau und Umwelt“, „Stärkung der Verhandlungskapazität der Dorfgemeinschaften im Umgang mit Bergbauunternehmen“, „Rechte der Dorfgemeinschaften“, „Nachhaltige Ländliche Entwicklung“ und so weiter. Ich will mit den Leuten vor Ort sprechen um rauszufinden, wie diese Kurse ankamen, ob sie den Leuten was gebracht haben, und wie sie die aktuelle Situation in der Provinz sehen. Fast 80% der Provinz Antabamba sind für den Bergbau konzessioniert, über 25 nationale und internationale Unternehmen wollen hier in Zukunft Gold, Silber und Kupfer abbauen. Für die überwiegend von der Landwirtschaft lebende Bevölkerung ist das ein neues Thema. Es birgt Chancen, aber auch viele Risiken. Unsere Partnerorganisation hat sich zum Ziel gesetzt, den Menschen bei ihrer Entscheidungsfindung im Umgang mit diesem neuen Thema zu helfen und sie mit Fachwissen, technischer und juristischer Beratung zu begleiten. Es ist ein heißes Eisen, denn wo Bergbau in großem Stil stattfindet, geht dies immer einher mit der Korruption der lokalen Behörden. Bürgermeister und Präsidenten der Dorfgemeinschaften werden bestochen, um den Dorfgemeinschaften die kommunalen Ländereien abzuringen. Die Dorfgemeinschaft spaltet sich alsbald in Minengegner und Minenbefürworter. Es beginnt ein regelrechter Kleinkrieg im Dorf. Mit dem sozialen Frieden ist es meist schnell vorbei. Deshalb führt unsere Partnerorganisation auch Kurse in Konfliktmanagement durch und versucht die Basisorganisationen in ihrem Zusammenhang zu stärken. Kein leichtes Unternehmen. Wer – wie ich - auf dem Dorf aufgewachsen ist, weiß, welche Dynamiken in so einem Dörfchen stecken können….

Wir kommen um kurz vor acht im Dorf an und suchen den Bürgermeister auf. Der ruft über den Lautsprecher der Municipalidad eine Versammlung aus. Langsam tröpfeln die Gemeinderäte, die Bauernführer, Stadtverwalter und landwirtschaftlichen BeraterInnen ein und nehmen in dem von der Morgenkälte noch eisigen Büro des Bürgermeisters Platz. Neben dem Schreibtisch und ein paar Stühlen ziert die peruanische Flagge den Raum und verleiht ihm seinen offiziellen Anstrich. Der Bürgermeister eröffnet umständlich die Sitzung: Muy buenos días, Señor Presidente de la Comunidad Campesina, Señor Regidor, Señor Gobernador; Señora promotora ambiental, Señora Susana de la institución Misereor de Alemania, compañeros de IIDA....Es ist ein langer Sermon, der von jedem weiteren Anwesenden zu Beginn einer Wortmeldung wiederholt werden wird, was der Sitzung einen sehr zeremoniellen und ein bißchen langatmigen Charakter verleiht… die wirklichen Inhalte gehen in dem rituellen Beiwerk leicht unter. Schön ist es trotzdem. Willkommen im Perú Profundo!

Und nochmal Caldo de Gallina

Nach der Versammlung lädt der Bürgermeister zum Frühstück im Dorflokal gleich an der Plaza der Armas und neben der trutzigen Dorfkirche ein. Es ist ein nüchterner Raum, einfach Holzplanken auf dem Boden, an den kalten Wänden ein paar bunte Werbeposter. Ein großer Holztisch mit einer speckigen Wachstischdecke in der Mitte des Raums, Plastikstühle und eine Holdbank drum herum. Es riecht ein bißchen modrig und zieht ungemütlich durch alle Ritzen.

Eine beleibte Señora mit ihren zahlreichen bunten Röcken und einem braunen, runden Hut auf dem Kopf rührt im Nachbarraum in einem großen Blechtopf, der über dem Holzfeuer hängt und serviert schließlich das Mahl.

Es gibt – wie sollte es auch anders sein – Caldo de Gallina!!! Ich schlucke und fluche heimlich in mich hinein, dass ich das doch eigentlich hätte ahnen können! Ist ja nicht mein erster Besuch auf dem Land!!! Hätte ich am frühen Morgen im Kreis des Projektteams noch höflich und ohne großen Gesichtsverlust ablehnen können, so ist mir dieser Ausweg in dieser Situation versagt. Vor mir dampft also erneut eine große Schüssel mit einer ordentlichen Portion Suppe, Nudeln, Kartoffeln, Hühnerbein und Ei – das komplette Programm, zum zweiten Mal an diesem Vormittag!! Der Bürgermeister sitzt am Tischende und schlürft lautstark seine Suppe, Löffel klappern, das Radio dröhnt, dazwischen wird über lokale Politik und die Viehdiebe debattiert, die vor ein paar Tagen ein Dutzend Kühe gestohlen haben.

Freiheit, Sattheit, Zufriedenheit…

Um die Mittagszeit fahren wir zurück – hinab bis zum Fluss, hinauf nach Antabamba. In den nächsten Tagen stehen noch diverse ähnlicher Sitzungen auf dem Programm. Wir fahren X mal hinunter ins Tal und an einem der vielen Berghänge wieder hinauf in ein Dorf. Ich werde nicht müde, die phantastische Landschaft zu bewundern. Ich sitze noch mehrmals vor randvollen Schüsseln mit dampfender Hühnersuppe, Kartoffeln, Nudeln und Ei. Jeden Tag fühle ich mich ein bißchen schmuddeliger. Jeden Tag ein bißchen befreiter - so weit weg von jeglicher Zivilisation, so schön reduziert auf ein paar Tätigkeiten pro Tag. Multi-Tasking Ade! Hier ist das wirkliche Leben.

Forum „Bergbau und Umwelt“

Zum Abschluss dieses Projektbesuchs gibt es eine große Veranstaltung, an der die Autoritäten und Bauern der acht Distrikte der Provinz Antabamba teilnehmen. Einen ganzen Tag lang debattieren mehr die mehr als 120 Teilnehmenden des Forums über Chancen und Risiken des Bergbaus für die Provinz: Wie viele Einnahmen würde der Bergbau generieren? Was könnte man mit dem Geld alles machen? Wie könnte man das Geld am sinnvollsten ausgeben? Wo kann man Bergbau betreiben, ohne die kostbaren Wasserquellgebiete zu zerstören? Wo sind negative Umweltauswirkungen zu erwarten? Was bedeutet der Einfall der großen Unternehmen für den sozialen Zusammenhalt in den Dörfern? Würden die Bauern in den Minen Arbeit finden? Oder würde man womöglich nur ausgebeutet und seiner Lebensgrundlage, der Landwirtschaft, beraubt? Es sind Vertreter sämtlicher Positionen da und die Plädoyers für oder gegen den Bergbau werden in einem lustigen Gemisch aus Spanisch und Quechua vorgetragen. Alle kommen mit praktischen Beispielen, mit ersten konkreten Erfahrungen, mit Sachverstand oder mit bunten Phantasiegeschichten. Es ist ein lebhafter Erfahrungsaustausch, zum Teil wütend, zum Teil euphorisch vorgetragen. Viele Ideen werden angeregt. Viele Fragen aufgeworfen. Man beschließt, das Wichtigste sei es, sich gut auf alle diese Fragen vorzubereiten, sich gut zu organisieren. Und gründet sogleich eine „Verteidigungsfront für die Umwelt und einen Nachhaltigen Bergbau in Antabamba“.

Der Ehrengast im Dorfe…

Zur Feier dieses wichtigen Ereignisses hat die Frau des Bürgermeisters Chicharrón de Alpaca zubereitet, das sind frittierte Alpaca-Stücke. Dazu gibt es für jeden 5 Kartoffeln und einen Salat aus Zwiebeln und Tomaten. Alle sitzen in einer Runde und essen mit den Fingern das leckere Mahl. Ich schiebe Julio heimlich 3 Kartoffeln unter, bevor sie mir wieder zu den Ohren rauskommen. Als Ehrengast des Dorfes bekomme ich einen selbstgewebten Poncho geschenkt, den ich mit Stolz und Dankbarkeit entgegennehme. „Que hable, que hable“ („eine Rede!! Eine Rede!!!“) fordert die versammelte Menge und klatscht zum Ansporn in die Hände! Auch das ist zum Glück keine völlig ungewohnte Situation mehr. Ich weiß, dass das Wort von Außenstehenden großes Gewicht hat und versuche mit meinen Worten zu motivieren und zur gemeinsamen Lösungsfindung zu raten. Ich gratuliere zu der gelungenen Veranstaltung (finanziert von Misereor…), zu dem wichtigen Austausch von Informationen und Erfahrungen, und zur Gründung der neuen Organisation, die den weiteren Prozess begleiten wird. Ich verspreche, dass Misereor auch in den nächsten 3 Jahren über unsere Partnerorganisation Unterstützung anbieten wird und ernte dafür begeisterten Applaus.

Wenn schon mal ein Hilfswerk da ist…

Nach meinem Vortrag werde ich von diversen Dorfautoritäten diskret zur Seite gebeten, und kurz vor meiner Abreise werden noch diverse Finanzierungsanfragen für die Renovierung der Dorfkirche, für die Finanzierung des nicht vorhandenen Wasser- und Abwassersystems und für ein Projekt zur verbesserten Herstellung von Alpaca-Wolle an mich unterbreitet. Ich kann mich mit den in bereits zahlreichen ähnlichen Situationen erprobten Phrasen einigermaßen aus der Affäre ziehen, ohne jemandem vor den Kopf zu stoßen...

Zurück in die „Zivilisation“

Als wir nach 4 Tagen über die holprige Piste zurück nach Abancay fahren, bin ich voller bunter Bilder, faszinierender Eindrücke, spannender Erfahrungen und habe wieder viel, viel dazugelernt!!! Was hab‘ ich für ein Glück, dass das, was andere nicht mal im Urlaub erleben, bei mir auch noch unter dem Titel „Arbeit“ läuft!!!

Die lebendige, quirrlige Stadt Abancay kommt mir vor wie die Mega City New York, mit ihren vielen hupenden Autos, den blinkenden Leuchtreklamen, den bunten Restaurants und den auf den Straßen rumwuselnden Menschen… Im ersten Moment erschlägt mich das alles, und ich denke wehmütig zurück an das stille, provinzielle Antabamba mit seinem langsamen Rhythmus, wo ich mit den Alpacas schlafen gegangen bin und mit den ersten schrillen Radiotönen und dem Aufgang der Sonne aus dem Schlafsack gekrochen bin. Über die heiße Dusche freue ich mich trotzdem. Und auch ein frischer Salat statt heißer Hühnersuppe ist mir heute mal willkommen…

Labels: , , ,

19.06.08

Auf dem Weg in die Schule...

Labels: , ,

06.06.08

Lima, la bombardeada…

„Wir Taxifahrer nennen Lima jetzt „die Bombardierte“, weil wir von einem Loch zum nächsten fahren“. Mein Taxifahrer Bernardino bringt’s mal wieder ohne große Umschweife auf den Punkt! Denn in der Tat schaut die Stadt seit Wochen aus wie nach einem Bombenangriff: Sämtliche Straßen sind aufgerissen, überall stößt man auf Schranken, man fährt von Umleitung zu Umleitung, und es kann passieren, dass man nach endlosem Herumkreisen irgendwann müde und frustriert wieder dort landet, wo man dem ersten Umleitungsschild gefolgt war.

Die Nerven von Hunderten und Tausenden von Limeños liegen blank – zum einen, weil die ohnehin schon nervenaufreibende Transportfrage in Lima nun um noch eine Herausforderung angereichert ist, zum anderen, weil in viele kleine Nebenstraßen (wie z.B. auch vor unserer Haustür in der Prolongación Arenales) der Verkehr der großen Avenidas umgeleitet wird. Das ist, als würde mal eben die A3 Köln – Frankfurt an Deiner Haustür vorbeigeleitet!

So wälzt sich nun an meiner Wohnung von morgens 5 Uhr bis spät in die Nacht eine nicht enden wollende Blechlawine vorbei – Busse, Kleinbusse, Taxis, Privatfahrzeuge… der ganze Verkehr der Avenida Arequipa, eine der Hauptadern Limas, verpestet die Luft und hupt, dröhnt und scheppert direkt vor unseren Fenstern. an unserem Haus vorbei. Und das nun schon seit 6 Wochen!!!

Anlass für die Grundsanierung sämtlicher Straßen ist der für November anberaumte APEC-Gipfel, zu dem Staats- und Regierungschefs aus den Pazifik-Anreiner-Ländern nach Lima kommen, um die wirtschaftlichen Kooperationen auszubauen. Da will man doch nicht mit Schlaglöchern und holprigen Pisten aufwarten!!! Dass mitten in all diese Straßenbaumaßnahmen auch der EU-Lateinamerika-Gipfel Mitte Mai fiel, störte die peruanische Regierung dagegen offenbar gar nicht. Die Europäer winkten ja auch nicht mit fetten Wirtschaftsabkommen, sondern wollten mit den Latinos so unangenehme Themen wie Armutsbekämpfung, soziale Gerechtigkeit und Klimawandel diskutieren. Vielleicht hatte die peruanische Regierung mit ihrer „Bombardierungsstrategie“ ja insgeheim gehofft, den einen oder anderen Staatschef schon auf dem Weg vom Flughafen in’s Zentrum von Lima abschütteln zu können….

Labels: , ,


 
Counter