Wandern zwischen den Welten....

29.03.07

Wechselbad der Theologien in Peru - von der Wiege der Befreiungstheologie zur Hochburg des Opus Dei

Die katholische Kirche in Peru hat in den 70er Jahren eine der berühmtesten theologischen Richtungen hervorgebracht: die Theologie der Befreiung. Der peruanische Theologe Gustavo Gutierrez prägte diesen Begriff im Jahr 1972, und auf dem gesamten latein- amerikanischen Kontinent fand die „Theologie der Armen“ viele Anhänger. Auch beeinflusste sie die kirchliche Entwicklungszusammenarbeit auf der ganzen Welt maßgeblich.

Die Befreiungstheologie gründet auf einer unverbrüchlichen Verbindung zwischen Volk und Kirche. Ihr zugrunde liegt die Idee der Befreiung des Menschen aus jeder Form von Sklaverei und Unterdrückung. Inspiriert vom Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils, leiteten die Befreiungstheologen aus ihrer Theologie politische Forderungen für die Realität ab, die zu dem Grundsatz der „vorrangigen Option für die Armen“ führte. Dieser fordert die eindeutige und bedingungslose Parteinahme für die Armen. Der Kern dieser Lehre ist die reale Erfahrung des Lebens der Armen in einer von Ausbeutung und Ungerechtigkeit geprägten Gesellschaft. Ihr Ziel ist demnach die Befreiung der Armen aus Not und Abhängigkeit. Für die Kirche und insbesondere für kirchliche Entwicklungszusammenarbeit bedeutet das einen expliziten Kampf gegen ungerechte, diskriminierende und auf Exklusion beruhende soziale, politische und wirtschaftliche Systeme.

Die Zeit der Befreiungs- theologen scheint indes in weiten Kreisen der katholischen Kirche inzwischen vorbei zu sein. Nicht nur in Rom, auch in Peru herrscht inzwischen ein ganz anderer Geist. Die katholische Kirche hat hier in den letzten Jahren gründlich aufgeräumt mit solcherlei „revolutionärem“ und „kommunistischem“ Gedankengut, mit sozialpolitischer Einmischung der Kirche und ökonomischer Kritik. Mehr als die Hälfte aller Bischöfe Perus gehören dem Opus Dei oder verwandten konservativen bis ultrakonservativen Strömungen wie dem „Lumen Dei“ oder dem „Sodalicium“ an. Schritt für Schritt setzt Rom in allen Diözesen auf den konservativen Wandel. Das Oberhaupt der peruanischen Kirche, Kardinal Juan Luis Cipriani, selbst Mitglied des Opus Dei, ist wegen seiner Menschenrechtsverletzungen als Bischof von Ayacucho in der Zeit der politischen Gewalt zu trauriger Berühmtheit gelangt: Als die Morde durch Terroristen des Leuchtenden Pfads einerseits und Polizei und Militärs andererseits Mitte der neunziger Jahre ihren Höhepunkt erreichten und sogar Frauen und Kinder in den Dörfern abgeschlachtet wurden, stellte sich Luis Cipriani schützend vor Polizei und Armee. Obwohl seine menschenfeindlichen Haltungen allgemein bekannt sind und im Bericht der Wahrheitskommission zur Aufarbeitung der Verbrechen in der Zeit des Terrorismus genannt werden, bleibt Cipriani in Amt und Würden.

Den immer radikaleren Wandel in der katholischen Kirche Perus spürt auch Misereor als Hilfswerk der katholischen Kirche, das bis heute stark von befreiungs- theologischen Prinzipien und Überzeugungen geleitet wird. In einigen Diözesen haben die neu eingesetzten Bischöfe die MitarbeiterInnen unserer kirchlichen Partnerorganisationen ausgewechselt oder schlicht mit ihren neuen kirchlichen Leitsätzen vergrault. Eine Fortsetzung „unserer“ Arbeit ist unter ihrer Aufsicht nicht mehr möglich. Die Bischöfe verweigern sich unserer Definition von Entwicklung und Entwicklungshile. Ein Waisenhaus betreiben oder eine Schule bauen – so stellen sich diese Bischöfe kirchliche Sozialarbeit vor. Stärkung von Prozessen zur Bürgerbeteiligung? Politische Teilhabe? Verteidigung der Rechte der vom Bergbau betroffenen Bauern- gemeinschaften? Nein! Alles viel zu politisch! Der Bauer soll bei seiner Scholle bleiben, soll möglichst nicht politisch „aufgewiegelt“ werden, soll voller Demut das Feld bestellen und am Sonntag in die Messe gehen. Wer will schließlich ein mündiges (= aufmüpfiges) Volk? Tja... und wer will schon eine mündige Kirche?

Doch spurlos ist die Zeit der Befreiungstheologie nicht an den Katholiken Perus vorbeigegangen. Jüngst haben in der Prälatur von Ayaviri die Gläubigen den Aufstand geprobt, indem sie die Kirche besetzten und forderten, der vom neuen Bischof neu eingesetzte Priester solle sich zum Teufel scheren. Die Bauern fühlten sich von Ton und Botschaft der neuen Kirchenväter in ihren Traditionen und in ihrem Glauben dermaßen missachtet, dass sie Flugblätter und Plakate verteilten, auf denen sie sich offen gegen die Geistlichen und ihre Theologie wendeten. „Ihr habt den Glauben nicht für Euch gepachtet! Der Glauben gehört uns allen und schließt uns alle ein – egal, wo wir in der Kirche stehen! Die Kirche gehört nicht den Popen, sondern dem Volk, und wenn ihr uns ausschließen wollt, werden wir unsere Kirche zurückerobern!!“

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....wie Ei im Ceviche

Ceviche ist des Peruaner’s liebstes Fischgericht und wird vor allem in den Sommermonaten in großen Mengen verzehrt. Ceviche ißt man in Peru nur zu Mittag, nie zu Abend – vermutlich, weil es früher keine Kühlmöglichkeiten gab und der Fisch für’s Ceviche sehr frisch sein muss. Die Tradition hat sich trotz der Erfindung von Kühlschränken und Kühlhäusern gehalten, möglicherweise, weil das Ceviche auch ganz schön schwer im Magen liegen kann....

Ceviche besteht aus kleingeschnittenem, rohem Fisch, der ungefähr 15 Minuten in Limettensaft mariniert wird. In Scheiben geschnittene rote Zwiebeln und Rocoto, eine sehr scharfe Pepperonischote, die gemeinerweise aussieht wie harmlose Paprika, werden unter den Fisch gemischt und geben ihm die notwendige Schärfe. Bei der Zubereitung entsteht aus dem Zitronensaft, dem Fisch“sud“ und den Zwiebeln die Leche de Tigre (Tigermilch), der man eine aphrodisierende Wirkung nachsagt.

Ceviche wird traditionell mit Camote (Süßkartoffeln) und mit gekochten oder gerösteten Maiskörnern serviert, im Norden des Landes auch mit gekochten Yuca (Maniokwurzlen) oder Linsen. Ceviche gibt es in Peru in unzähligen Variationen – mit schärferen und milderen Marinaden, mit Muscheln und Meeresgetier oder einfach nur mit Fisch, mit Koriander, Staudensellerie, Champignons oder anderem Gemüse, oder einfach nur pur!

Da das Ceviche an der Küste zur peruanischen Volksseele gehört wie der Poncho und die Panflöte in den Anden, gibt es auch eine Reihe von Sprichwörtern, die sich um’s Ceviche ranken, wie z.B. „Estás más perdido que huevo frito en ceviche“ (wörtlich: „Du bist ja noch verlorener als ein Spiegelei im Ceviche“), was soviel bedeutet wie „Du bist ja völlig planlos“ hast „Null Durchblick“ oder auch „Du bist ja total durch den Wind!“

Will der Peruaner sein Peruanertum bezeugen, dann sagt er „Estoy tan peruano como ceviche al paso“ – „Ich bin so peruanisch wie Ceviche zum Mitnehmen“ – und peruanischer geht’s nur wirklich nicht mehr!!! :-)

07.03.07

"Null Toleranz für Unpünktliche"

Die peruanische Regierung hat Anfang März eine Großoffensive gegen die Unpünktlichkeit gestartet: das „schlimmste aller peruanischen Übel“ soll ausgerottet werden, ist es doch, laut Präsident Alan García, nicht nur eine beklagenswerte Marotte, sondern ein veritables Entwicklungshindernis!!!

Der Präsident begann seinen Kreuzzug gegen die Unpünktlichkeit am 1. März: um Punkt 12:00 Uhr mittgas wurden die Uhren in Peru neu gestellt, die Glocken der Kathedrale läuteten feierlich zum Geleit dieses historischen Moments, die Sirenen der Polizeiautos dröhnten durch’s Land (oder zumindest durch die Stadt), Konfetti in den Farben der Nationalflagge flatterte im Wind... eine neue Zeitrechnung beginnt in Peru! Große Veränderungen stehen ins Land. Denn Pünktlichkeit bedeutet – so der Präsident im Originalton – Respekt am Nächsten! Pünktlichkeit ist ein Dienst am Vaterland!

Der Auftakt der Kampagne erfolgte gleichzeitig mit dem Beginn des neuen Schuljahrs, wo die Schüler in Zukunft auf die peruanische Pünktlichkeit eingeschworen werden. „Null Toleranz“ wird es in Zukunft für Unpünktliche geben – wobei die Sanktionen für Schlafmützen und Schnarchnasen bisher nicht benannt sind... Die legendäre „hora peruana“, wie die Peruaner fast liebevoll ihre konsequent durchgehaltene halbstündige bis zweistündige Verspätung nennen, gehört also bald der Vergangenheit an!!

Naja ... wollen erst mal sehen, ob der Präsident mit seiner Kampagne Erfolg hat! Gestern hatten wir eine Sitzung, die für 9 Uhr anberaumt war. Um 8:55 Uhr war der Versammlungsraum noch verriegelt und verrammelt, um 8:57 war noch immer niemand da. Um 8:58 kam mein Co-Moderator, um 9:30 waren wir immerhin schon zu sechst. Als das Grüppchen um 9:50 auf 11 Leute angewachsen war, befanden wir die Gruppe als signifikant groß genug, um starten zu können. Und als wir um 14:30 Uhr mit einer Stunde Verspätung die Sitzung schlossen, war die Gruppe von 22 Leuten komplett. Jeder einzelne von ihnen wurde beim Eintreten in den Saal mit dem hämischen Hinweis auf die neue peruanische Zeitrechnung und „Null Toleranz“ bedacht, was etwa alle 10 Minuten für brüllendes Gelächter sorgte!

Wenn die Kampagne also ihr Ziel der Bekämpfung der Unpünktlichkeit verfehlen sollte, kann sie sich als ungeplanten positiven Nebeneffekt zumindest die Erheiterung der Nation auf die Fahne schreiben!

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