Wandern zwischen den Welten....

30.07.07

Wir schimmeln hier so leise vor uns hin...

Also es ist ja schon erstaunlich, was so alles Schimmel ansetzen kann – bei derzeit 97% Luftfeuchtigkeit und klammen 14 Grad Celcius ist allmählich ganz Lima von einer gräulich-grünlichen Schimmelschicht überzogen...

Schimmlige Ecken in Badezimmern kennt man ja auch in Deutschland, und auch das eine oder andere verschimmelte Lebensmittel hat man wohl schon gesehen. Aber Lima hat da wirklich noch so einiges mehr zu bieten. Zum Beispiel haben wir hier gerade schimmlige Handtaschen, schimmlige Schuhe (wahlweise innen oder außen verschimmelt, gerne auch beides), schimmlige Geldbörsen samt ihrem mit Grünspan überzogenem Inhalt, schimmlige Tontöpfe, schimmlige Topfpflanzenerde, schimmliges Müsli in einem offenbar doch nicht gänzlich luftdichten Behälter, schimmlige Schokolade (ganz besonders gemein!!! ), schimmlige Teppiche, schimmlige Lederjacken, schimmlige Einkaufskörbe, schimmlige Servietten und schimmlige Laptoptaschen, schlimmlige Kartons und schimmlige Ledergürtel.

Als ich gestern Abend bei meinen Nachbarn Markus und Jacky auf ein Glas (zum Glück gar nicht schimmligen) Rotwein vorbeischaute, erzählten sie mir, dass sie nach mehreren Wochen, in denen sie ihr Auto nicht benutzt hatten, gestern erstmal wieder die Autotüren geöffnet hätten. Zu ihrem Entsetzen war der gesamte Innenraum des Wagens mit einem widerlichen, grau-grünen Schimmelflaum überzogen!

Tja... was soll man da machen? Ich geh' jetzt erst mal schlafen, in der Hoffnung, dass ich morgen früh nicht ebenfalls unter einer flauschig-grünen Schimmeldecke erwache...

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Blog-Blog

Das Bloggen erfreut sich bei meinen ebenfalls zwischen den Welten wandernden Freundinnen und Bekannten inzwischen wachsender Beliebtheit - in jüngster Zeit haben sich zwei Freundinnen der Bloggergemeinde angeschlossen und produzieren jetzt ebenfalls mal spannende, mal amüsante, mal informative und mal nachdenklich stimmende Artikel auf blogspot.com. Immer geht es dabei um's Leben in der Fremde, um das, was uns von den anderen unterscheidet und um das, was uns mit ihnen verbindet. Es geht um das, was uns hier auffällt und das, was den anderen an uns auffällt.

Das Bloggen ist Kommunikationsmittel und hat gleichzeitig einen therapeutischen Nebeneffekt, weil es dazu zwingt, Erlebtes zu reflektieren und für andere verständlich aufzubereiten. Meist versteht man auch selbst einiges besser, wenn man den Artikel dann zu Ende geschrieben hat...

Jutta's Land und Leute - Blog berichtet von Freud und Leid des Lima-Lebens - besonders empfehle ich hier einen Blick auf das gekonnt fotografierte Lima-Grau, ein Eintrag vom Juni 2007, der aber auch Ende Juli 2007 noch nichts von seiner Relevanz verloren hat!

Die "Bio-Jutta", wie ich sie getauft habe, arbeitet als Fachkraft bei einem Bio-Lebensmittel-Zertifizierer und beschäftigt sich deshalb auch gerne mit Öko-Themen, wie zum Beispiel dem Einsatz von Chemikalien in der Schädlingsbekämpfung. Auch außerhalb ihrer Biosphäre kann sie schon mal einen netten, kleinen, giftigen Seitenhieb abgebeben, vor allem, wenn man sie mal wieder auf offener Straße nervt, sie solle ihren Reisepass vorzeigen! ;-)

Der jüngste Neuzugang ist Hildegard's stranger-in-peru-blog. Ihr neuester Eintrag dreht sich bezeichnenderweise auch um's graue Lima und mögliche Zufluchtsorte für diejenigen, denen der einheitsgraue Himmel auf den Kopf zu fallen droht. Ihr seht, dass das Thema hier wirklich Hochkonjunktur hat.

Als Journalistin schreibt sie außerdem über soziale und politische Fragestellungen in Peru und Lateinamerika, unter anderem auch über eines meiner Steckenpferde, den Bergbau in Peru!

Wenn Ihr auf die Bilder klickt, kommt Ihr zu den entsprechenden Seiten!

Viel Spaß beim Lesen - ich hoffe, Ihr werdet mir bei so viel gebloggtem Lesestoff nicht abtrünnig! ;-)

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Roberto

Er ist einer der vielen Menschen, die mir hier in Lima den Alltag auf nette Art verschönern. Roberto ist Türsteher bei einem Touristikinstitut, nicht weit von mir zu Hause. Ich komme fast täglich mal bei ihm vorbei – wenn ich zum Bäcker gehe, oder zur Chinita, dem kleinen Lebensmittelladen um die Ecke, oder wenn ich den Bus in der Avenida Arequipa nehme. Immer steht er da vor der Tür, in Hemd, Krawatte und Pullover, und sieht so gar nicht wie einer der vielen Wachdienste aus, sondern eher wie ein Concierge von der feinen Sorte.

Roberto freut sich immer, wenn er mich um die Ecke biegen sieht, setzt sein breitestes Lächeln auf und streckt mir die Wange zum Küsschen entgegen. Meist plaudern wir ein paar Sätze, dann ziehe ich weiter meines Weges, und er positioniert sich wieder vor dem Haus, bis sein Dienst abends um elf Uhr endet.

Als ich im Januar aus Deutschland zurückkam und am nächsten Morgen beim Bäcker meine Lebensmittelvorräte auffrischte, tippte mich jemand von hinten an die Schulter. Vor mir stand Roberto, freudestrahlend, und streckte mir ein Eis am Stil entgegen. „Wie schön, dass Du wieder da bist, ich dachte schon, Du kommt gar nicht mehr wieder!!!“, sagte er von ganzem Herzen, und in dem Moment fühlte ich mich wieder richtig angekommen in Peru und wurde auf charmante Art daran erinnert, was das Leben hier so schön macht.

Als ich letzte Woche wieder einmal von einer Deutschlandreise zurückkehrte, erwartete mich eine nicht so fröhliche Überraschung: Robertos strahlendes Lächeln ist einer halbseitigen Gesichtslähmung gewichen. Während meiner Abwesenheit hatte er einen Schlaganfall, der rechte Mundwinkel hängt nun traurig nach unten, und auch Roberto’s Augen sprechen von dem Schock und der Sorge um die verlorene Gesundheit. Unsere Begegnung ist denn auch sehr gedrückt, aber dennoch nicht weniger herzlich. „Mir geht’s bestimmt bald wieder gut, mach’ Dir keine Sorgen!“, sagt Roberto, als er mein bekümmertes Gesicht sieht. Als ich ihm ein paar Minuten später ein Eis am Stil entgegenstrecke, zieht sich zumindest einen Moment lang der linke Mundwinkel nach oben, dorthin, wo früher das Lachen war...

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18.07.07

Heimat - was ist das?

Heimat, das sind die grünen Wiesen in Deutschland
der Duft von feuchtem Waldboden, der sanft federt unter meinen Füßen
Heimat, das sind die Getreidefelder, die ihre Ähren sachte im Wind beugen
das ist der Duft nach frisch gemähtem Heu, nach Kühen und Schafen
Heimat, das ist blauer Himmel, betupft mit weißen Wolken
das ist das Plätschern des Baches, der Klang der Kirchturmglocken
Heimat, das sind bunte Wiesenblumen und respektvolle Autofahrer,
das Eintauchen in eine vertraute Welt
Heimat, das sind die Menschen, die mich in den Arm nehmen
nach langer Reise, die zuhören und neugierig sind, die mich wieder aufnehmen in ihren Kreis, in ihre Gespräche, in ihren deutschen Alltag

Heimat, das sind die breiten Avenidas von Lima
mit ihren blinkenden Leuchtreklamen, in allen Farben und Formen
Heimat, das ist der kleine Bäcker an der Ecke mit seinen duftenden Brötchen, die Chinesin mit ihrem Tante-Emma-Laden, der Wächter vor unserem Haus;
Heimat, das sind Gespräche mit Taxifahrern über korrupte Politiker,
über die aktuellen Debatten und Streiks, ihren Sinn und ihren Unsinn
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Heimat, das sind wuselige Straßen und Plätze, auf denen sich Menschen drängen,
das ist der Blick über ein Meer aus Häusern mit flachen Dächern;
Heimat, das sind die Menschen, die mich in den Arm nehmen
nach langer Reise, die zuhören und neugierig sind, die mich wieder aufnehmen in ihren Kreis, in ihre Gespräche, in ihren peruanischen Alltag

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