18.04.07
Bundestagsabgeornete zu Besuch in Peru
Eine Delegation deutscher Parlamentarier vom Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit war vom 13.-17.4.2007 zu Gast in Peru. Während ihrer Reise besuchten die Abgeordneten Thilo Hoppe (Die Grünen) Annette Hübinger (CDU) sowie Bernward Müller (CDU) Projekte der deutschen Entwicklungszusammenarbeit, führten Gespräche mit peruanischen Abgeordneten und Ministern und statteten auch zwei Projektpartnern von Misereor einen Besuch ab. Der Schwerpunkt der Reise galt vor allem den Themen „Ländliche Entwicklung“ und „Wasser“. Darüber hinaus ging es darum, die Ausrichtung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit zu prüfen. Delegationsleiter Thilo Hoppe berichtete außerdem von dem generellen Anliegen, sich von Lebens- und Arbeitssituationen vor Ort ein Bild zu machen.
Am Sonntag flog die gesamte Delegation samt deutschem Botschafter Christoph Müller, dem GTZ-Büroleiter Wilfried Liehr, dem Sekretär für Entwicklungszusammenarbeit der deutschen Botschaft, Christian Olk, sowie weiteren Vertretern der deutschen Entwicklungszusammenarbeit nach Cajamarca. Dort statteten sie der größten Goldmine Lateinamerikas, Yanaocha, einen Besuch ab. Im Anschluss an die Besichtigung der Mine holte die Delegation auch die Perspektive der Zivilgesellschaft ein und traf sich mit Vertretern der Misereor-Partnerorganisation Grufides sowie Vertretern der vom Bergbau betroffenen Bevölkerung. Pater Marco Arana erläuterte in einem kurzen Vortrag die wichtigsten Probleme im Zusammenhang mit dem Goldbergbau in Cajamarca. Dies sind unter anderem: konfliktive Landkäufe, massive Expansionsvorhaben der Mine Yanacocha, vor allem auch in Wasserquellgebieten, das Verschwinden von Lagunen und Wasserkanälen im Einzugsgebiet der Mine, immer wieder auftretende Wasserverschmutzung durch Schwermetalle, die Verknappung der Ressource Wasser insgesamt und somit wachsende Konflikte mit den Bauern im Mineneinzugsgebiet – all dies bei sich verschärfender Armut in der Region und trotz 15 Jahre Goldmine nach wie vor ausbleibendem Trickle-Down-Effekt. Aufgrund eines ineffizienten Staates und angesichts der enormen Gewinne sich als geradezu lächerlich geringen Steuerabgaben durch den Bergbausektor spürt das Volk Cajamarcas vor allem die Nachteile und Bedrohungen, die von der Mine ausgehen. Wachstum und Wohlstand erreichen nur einige Wenige, der weitaus größere Teil der ländlichen Bevölkerung in Cajamarca lebt weiterhin in Armut und sogar in extremer Armut.
Die Delegation stellte zahlreiche kritische Fragen, überprüfte die Informationen, die sie von den Mitarbeitern der Mine Yanacocha erhalten hatte und konnte so ihr Bild um wichtige Aspekte ergänzen. Deutlich wurde, wie sehr der peruanische Staat sich aus seiner Verantwortung zieht und die Bürger alleine läßt in seinen Verhandlungen mit einem mächtigen Unternehmen. Ohne einen Fürsprecher wie Grufides, eine kleine NGO, die den Bauern Informationen sowie strategische und juristische Beratung zur Verfügung stellt, wären die vom Bergbau betroffenen Bauerngemeinde gänzlich auf sich alleine gestellt. Misereor ermöglicht mit seiner Unterstützung die Arbeit von Grufides und macht sich somit ebenfalls somit zum Fürsprecher der benachteiligten Bevölkerung – nicht nur in Cajamarca, sondern auch in anderen Regionen Perus, Lateinamerikas und auf anderen Kontinenten.
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...noch mehr vom Besuch der Bundestagsdelegation
Von Carlos Puell, dem Direktor von Proadel, und seinem Team erfahren die Abgeordneten von den Problemen der Bewohner Huaycans: fehlende Infrastruktur wie Wasser- und Abwasserversorgung, wachsende Kriminalität, Jugendbanden, die betrunken oder unter Drogeneinfluss (v.a. Klebstoffe) die Stadtteile unsicher machen. Die staatliche Vewaltung ist ineffizient oder schlicht nicht präsent. Es gibt kaum Arbeitsplätze und somit auch wenig Perspektiven.
Die Abgeordneten zeigen sich bewegt vom Besuch in dem armen Stadtviertel. Allein der Anblick der in die karge Wüsten- landschaft gebauten Behausungen macht die hier herrschende Armut besser deutlich als jede Studie mit Armuts- indikatoren und nüchternen Beschreibungen von Lebenswelten, die hier für die Abgeordneten ein Gesicht bekommen. Ein Vertreter der von Proadel begleiteten Jugendgruppen mit dem an den deutschen Fußballspieler angelehnten Vornamen „Beckenbauer“ führt uns zum Abschluss des Besuchs zu einer kleinen Tanzvorführung seiner Jugendgruppe. Dort werden die deutschen Parlamentarier Zeugen davon, dass Armut nicht gleichbedeutend ist mit Heulen und Zähneklappern. Lebensfreude, Lachen, Musik und Tanz sind auch in der ärmlichsten Hütte möglich. Und die Peruaner beherrschen diese Lebenskunst auf’s vorzüglichste!!!
Labels: Entwicklungszusammenarbeit, Lima, Lobbyarbeit, Peru
16.04.07
Frohe Ostern im "Faulen Hund"
Unsere Wanderungen und Ausflüge führen uns hinauf zu blauen Lagunen oder durch malerische Dörfer und über saftige Wiesen hinunter ins Tal. Die Regenzeit ist noch nicht zu Ende, so dass wir versuchen, die regenfreien Morgenstunden zu nutzen und uns am Nachmittag im trockenen Hostal einzufinden, wenn die Wolken ihre nasse Last abladen. Die Luft ist sauber, aber dünn, und zunächst einmal macht mir die Höhe ganz schön zu schaffen. Nachdem ich den Kampf gegen die „Soroche“, wie die Höhenkrankheit hier heißt, gewonnen habe, kann ich auch die luftigen Höhen von über 3.600 m über dem Meer genießen. Es wandert sich ein bißchen wie mit angezogener Handbremse, findet Jutta, und ich gebe ihr keuchend Recht. Die wunderbaren Blicke auf die Cordillera Blanca, die höchsten Gipfel Perus (im Fall des Huascarán 6788 m hoch!!) entschädigen auf jeden Fall für das etwas mühsame Vorankommen.
An den Ostertagen werden wir in Carhuaz Zeugen der nach wie vor sehr traditionellen Osterfeierlichkeiten – mit Osterfeuer, Passionsspielen, blumengeschmückten Prozessionen und um all dies herum einem bunten Volksfest leben uns die Peruaner ihren Glauben vor. Wenngleich nach Aussage unseres Hotelbesitzers der Katholizismus auch hierzulande mehr und mehr auf dem Rückzug ist und die Religion zu einem „nostalgischen Ritual“ verkommt: während der Ostermesse am Sonntag morgen um 5 Uhr ist die Kirche zum Bersten voll – alt und jung haben sich in aller Herrgottsfrühe auf den Weg zur Kirche gemacht, haben ihre Dorfheiligen zur Segnung mitgebracht und lauschen andächtig der Predigt des Priesters.
Im Anschluss an die Messe werden die Heiligen unter den schräg quietschenden Klängen der dörflichen Blaskapelle zurück in die Dörfer getragen, Blütenblätter fliegen durch die Luft, der Popcornverkäufer beduftet uns zur frühen Morgenstunde schon wieder mit frisch aufgepopptem Mais und die Messgänger genehmigen sich einen wärmenden Kräuterpunsch.
Wir schlendern weiter zum Ostermarkt, wo die meisten schon den nahtlosen Übergang vom osterlichen Messebesucher zum sonntagvormittäglichen Wochenmarkteinkäufer vollzogen haben. Auch hier geht’s wieder bunt und traditionell zu – wenngleich auch auf andere Weise...
Buntes peruanisches Leben...
Bonbons, Kaugummis und andere Süßigkeiten an einem Stand
Gewürze, vor allem die scharfen Ajís, die hier in keinem Essen fehlen dürfen
hier in unverarbeiteter Form - Chilischoten und Ají
noch mehr Gemüse....
Die auf dem Land so typischen "Pirelli-Sandalen" aus alten Autoreifen. Das Stück kostet knapp einen Euro
Bunt gefärbte Baumwolltücher, die als Babytragetuch, Einkaufstasche, Wanderrucksack, Wickeldecke, Sonnenschutz und zu tausend anderen Zwecken verwendet werden
Und zum Schluss Getreide und Hülsenfrüchte.
Die wunderschönen Fotos verdanke ich übrigens meiner Reisegefährtin Jutta! :-)
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15.04.07
Wanderer zwischen den Welten
Den Grad meiner eigenen Peruanisierung kann ich einerseits daran ermessen, wie wenig ich mich noch an peruanischen Gepflogenheiten störe, wie selbstverständlich und absolut alltäglich mir das Leben hier inzwischen vorkommt und wie problemlos ich mich hier einpassen kann. Da diese schleichende Anpassung sich nicht in Form von Widerstand und Reibung äußert, fällt sie mir in der Regel gar nicht mehr auf. Viel mehr fällt mir dagegen auf, wenn ich in Deutschland mit nur leichter Verspätung bei einer Verabredung eintrudle, man mir (wie ich es inzwischen empfinde) kühl die Hand herübereicht (statt mich wie in Peru mit herzlichem Geplauder und Küsschen auf die Wange zu begrüßen), man mir dann auch noch mit einem hämischen Blick auf die Armbanduhr bedeutet, dass ich zu spät bin und ich dann eine innere Stimme in spanisch flüstern höre „Qué fregados son estos alemanes....“ (in dem Fall zu übersetzen mit: meine Güte, diese Deutschen können aber auch echt elende Korintenkacker sein!) Bei dieser und unzähligen anderen kleinen Begebenheiten merke ich, dass mir „meine“ Kultur in einigen Dingen mitunter auch ganz schön fremd sein kann, dass ich mich von ihr entfernt habe und mich unbemerkt der anderen angenähert habe, dass ich bereits unzählige Eigenschaften übernommen habe, die jetzt irgendwie quer liegen zu "meiner" eigenen Kultur...
Wer einmal aufbricht, bleibt für immer fremd – überall. Außer natürlich in der stetig wachsenden Gemeinschaft derer, die ebenfalls aufgebrochen sind (vor alle im Geiste...), die selbst mal fremd geworden sind und deshalb nie mehr so zu ihrer Heimat stehen werden wie die, die nie weggegangen sind..
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11.04.07
Valentina Kerzenverkäuferin
Valentina fällt vor allem auf wegen ihres wachen Blicks, den neugierigen Augen, mit denen sie Kontakt aufnimmt zu uns „Gringas“, die wir ihr gegenüber auf der Kirchenmauer sitzen. Nach einem schüchternen Lächeln, das wir fröhlich erwidern, fragt sie zaghaft, woher wir kommen? Aus Deutschland. Und ob es uns gefällt in Carhuaz? Sehr gut, ja! Valentina freut sich über das Gespräch, gleichzeitig schaut sie immer wieder schüchtern zur Seite, weiß nicht so recht, wie sie mit uns umgehen soll. Wir erfahren, dass Valentina und ihr Mann José, der sich nach einer Weile zu uns gesellt, Avocados züchten, Teppiche knüpfen, ein bißchen Landwirtschaft betreiben und Kerzen verkaufen, am Sonntag vor der Messe, oder eben heute, an Karfreitag, wie auch den folgenden Ostertagen. Ein buntes Sammelsurium an Tätigkeiten, um sich selbst, ihre 4 Kinder und die pflegebedürftigen Großeltern über Wasser zu halten. Viel gibt die Region nicht her an Möglichkeiten zum Geldverdienen. Doch die ergiebigere Großstadt Lima und die altersschwachen Großeltern lassen sich nicht unter einen Hut bringen, deshalb leben sie also seit ein paar Jahren wieder in Carhuaz, dem kleinen Dorf, das ganz schön eng sein kann, wenn man mal in der Großstadt gelebt hat, das aber - irgendwie - auch viele Schönheiten und Potenziale birgt. Potenziale, die allerdings häufig ungenutzt bleiben. José wirkt ein bißchen betrübt und frustriert, dass seine Landsleute so wenig geschäftstüchtig sind, weder die landwirtschaftlichen noch touristischen Schätze der Region wirklich zu schätzen und zu nutzen wissen. Man gibt sich schnell zufrieden mit dem, was man hat, auch wenn es nicht viel ist... Ob das in Deutschland auch so sei? fragt er mich. Nein, ich glaube, in Deutschland ist es manchmal genau umgekehrt, sage ich. Es gibt sehr geschäftstüchtige Leute dort. Manchmal sind es aber gerade die, die mir nie so richtig zufrieden zu sein scheinen, egal wie viel sie haben und wie gut es ihnen eigentlich geht...
10.04.07
Chúpate un helado, pues!
Labels: Alltag, Huaraz, Kultur, Leben in Peru